Andacht Heute

Der Aufruf zur Mission

Jesus spricht: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Geht nun hin und macht alle Völker zu Jüngern: Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie alles halten, was ich euch geboten habe.
Matthäus 28,18-20

Die neu bearbeitete Ausgabe der Luther-Bibel von 2017 hat aus „Machet sie zu Jüngern“ ein „Lehret sie“ gemacht. Dies hat eine theologische Diskussion ausgelöst. Die Befürworter der neuen Version berufen sich auf Luther, der auch schon das Wort vom „Jünger-Machen“ vermieden hat. Die Gegner dieser „bescheideneren“ Übersetzung – wie sie auch genannt wird – verweisen darauf, dass das griechische matheteuo, mehr als nur „lehren“ bedeutet, sondern „seinem Lehrer anhängen und sein Nachfolger werden in Lehre und Leben“ (Elberfelder Studienbibel). Ich bin der Meinung, dass der Zusammenhang in diesem Text eindeutig für die Übersetzung des Rufs zum Jünger-Machen spricht. Wenn Jesus eingangs seine allumfassende „Macht im Himmel und auf Erden“ deutlich macht, dann würde es keinen Sinn machen, im Folgenden von seinen Jüngern nur eine Lehrtätigkeit zu verlangen, also das Anbieten einer Art von Religionsunterricht, bei der das Christentum nur eine Möglichkeit unter anderen darstellt.

Führende Vertreter der evangelischen Landeskirche haben sich inzwischen mehr oder minder explizit von diesem Missionsbefehl Jesu distanziert. Auch hier ist das Bestreben spürbar, jegliches Verhalten zu vermeiden, das vom gesellschaftlichen Mainstream als aggressiv und manipulierend gewertet werden könnte. Sie entfernen sich damit immer weiter von den Kernaussagen des Evangeliums. Wer Jünger sein will, dem wird es ein Anliegen sein, anderen die rettende Botschaft nahezubringen und diese nicht nur beiläufig zu erwähnen. Mithilfe des Heiligen Geistes wird es gelingen, dies auf eine Weise zu tun, die die Person des anderen mitfühlend mit einbezieht, sodass ihm das Annehmen leichter fällt.

Kürzen ja, aber nicht den Sinn verfehlen

Aber nicht darüber sollt ihr euch freuen, dass euch die bösen Geister gehorchen. Freut euch lieber darüber, dass eure Namen bei Gott aufgeschrieben sind!
Lukas 10,20

„In der Kürze liegt die Würze“, heißt ein bekannter Spruch. Jedem Journalisten wird es eingetrichtert, sich kurz zu fassen, um den modernen, schlagzeilenfixierten Leser nicht zu ermüden. Wenn es aber um die große, ewige Wahrheit geht, darf man nicht wichtige Teile der Botschaft einfach kürzen, und sei es nur um eine Konjunktion, wie in diesem Beispiel.

Jesus sandte 70 Jünger aus, um die Ankunft des Heilands zu verkünden. Als sie voller Freude zurückkehrten, berichteten sie, dass ihnen sogar die Dämonen gehorchten. Jesus bestätigte ihnen, dass sie ermächtigt wurden, sich über die Angriffe des Widersachers hinwegzusetzen. Sie sollten sich aber weniger darüber freuen, dass sie diese Geister vertreiben können, sondern vor allem über die Zusage, dass ihre Namen im Himmel verzeichnet wären. Damit versuchte Jesus den Jüngern zu erklären, dass die ihnen geschenkten Fähigkeiten, Geister auszutreiben und Kranke zu heilen, nur die Ausrüstung für ihren Verkündigungsauftrag waren. Wer plötzlich neue Kräfte in sich spürt, kann leicht in eine Euphorie verfallen und darauf stolz sein. Sie sollten aber darüber jubeln: Zu Jesus zu gehören, seinen Auftrag zu erfüllen und dadurch im Buch des Lebens auf ewig verzeichnet zu sein. Dies gilt nur für die SEINEN, nicht für alle. In Lukas wird auch von Menschen berichtet, die von der Botschaft nichts hören wollen.

Wer auf euch hört, hört auf mich. Wer euch abweist, weist mich ab. Wer aber mich abweist, weist den ab, der mich gesandt hat.
Lukas 10,16

Sie werden ins Totenreich geworfen werden. Denjenigen, welche die Jünger bei sich aufnehmen und die Botschaft in ihrem Haus annehmen, wird das Reich Gottes nahe sein. Das ist alles wunderbar von Lukas in diesem Abschnitt formuliert worden. Wer ihn aufmerksam liest, hat kaum ein Verständnisproblem. Dieses kann sich nur einstellen, wenn verkürzt zitiert und schwach übersetzt wird, wie etwa so: „Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“ So formuliert erscheint der Text im heutigen Lehrtext der Herrnhuter und war er evangelischer Monatsspruch im Februar 2021. Hier ist kein Gegensatz mehr zwischen den Auserwählten und den Ausgestoßenen erkennbar, weil jeglicher Zusammenhang mit dem übrigen Text getilgt wurde. Notwendige Konjunktionen (Bindewörter) wie „aber“, „lieber“ und „vielmehr“, wie sie seit Luther verwendet werden, tauchen nicht mehr auf. Diese sind aber entscheidend wichtig, sonst könnte man meinen, allen wäre es ohne Weiteres möglich, in den himmlischen Verzeichnissen aufgenommen zu werden. Es reicht aber eben nicht, routinemäßig Gottesdienste zu besuchen und Sakramente zu empfangen. Damit ist man noch nicht errettet. Hier nochmal der Abschnitt bei Lukas in aller Kürze: Gott hat seine Jünger erwählt und sie ausgesandt. Ihre Botschaft wird entweder aufgenommen oder abgelehnt, was wiederum entscheidend ist für die Zukunft der Adressaten.

Eine Frau, die sich beeindrucken ließ

Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.
Johannes 4,14

Die Frau, die von Jesus am Jakobsbrunnen angesprochen wurde, war Samariterin. Sie stammte von einer Volksgruppe, mit der sich Juden nicht eingelassen haben, da ihr religiöses Verhalten als unrein und heidnisch galt. Auch der Lebenswandel der Frau war nicht einwandfrei. Wie Jesus ihr kundtat, hatte sie doch fünf Männer gehabt und lebte jetzt mit einem zusammen, mit dem sie nicht verheiratet war. Sie wollte offenbar jeder Begegnung aus dem Wege gehen, weil sie die heiße Mittagszeit für ihren Gang zum Brunnen ausgesucht hatte. Aber gerade da kam ein Mann auf sie zu, der sie ansprach, was damals absolut unüblich war, und der auch noch alles über sie wusste. Noch ungewöhnlicher war das, was er ihr versprach. Er würde ihr etwas geben, das alle ihre Sehnsüchte für alle Zeiten erfüllen würde.

Wir können aus dieser Erzählung lernen: Es ist Jesus, von dem die Initiative ausgeht. ER spricht auch Menschen an, bei denen wir es nicht erwarten würden. Wir lassen uns oft vom Ruf eines Menschen beeinflussen. Jesus tut das nicht, obwohl er alle dunklen Punkte unserer Vergangenheit kennt. ER macht keinen Unterschied zwischen Mann und Frau. Das sollte auch all jenen zu denken geben, die auch heute noch der Frau kein Recht zur Verkündigung zugestehen wollen. Diese Samariterin handelte ganz im Sinne Jesu und gab die Begegnung mit IHM an das Volk weiter. Die Erkenntnis von der Existenz Jesu erfüllte die Frau nicht sofort. Es wurde ihr nach und nach klar, weil sie das Ungewöhnliche der Begegnung erkannt hatte. Jesus spricht jeden von uns einmal an. Es kommt darauf an, dieses Ereignis nicht, wie sonst üblich, in ein gewohntes Schema einzuordnen und weiter unseren Tagesgeschäften nachzugehen, sondern das Unerhörte dieses Vorgangs wahrzunehmen und weitere Fragen zu stellen, so wie es die Samariterin getan hat.