Andacht Heute

Nutzt mehrere Bibelübersetzungen

Heute möchte ich einen Vers anhand unterschiedlicher Übersetzungen betrachten. Zunächst die Lutherbibel 2017:

Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind, und kauft die Zeit aus.
Kolosser 4,5

Hier stellen sich gleich zwei Fragen.

  1. Wer ist mit „denen, die draußen sind” gemeint?
  2. Wie kann man „die Zeit auskaufen”?

Wandelt in Weisheit gegenüber denen, die draußen sind, kauft die ⟨rechte⟩ Zeit aus!
(Elberfelder Übersetzung)

Auch hier stellen sich wieder die beiden offenen Fragen von oben. Zudem wirkt die Wendung „in Weisheit wandeln” recht altmodisch und gestelzt. Beim Einschub in der Klammer „rechte” frage ich mich, ob es auch eine „falsche” Zeit geben kann, die man auskaufen kann.

Verhaltet euch weise und besonnen denen gegenüber, die keine Christen sind. Macht das Beste aus der Zeit, die euch geschenkt ist!
(Hoffnung für Alle)

Hier werden die offenen Fragen, die in den ersten Übersetzung im Raum stehen bleiben, meines Erachtens gut erklärt. Dadurch können wir uns besser vorstellen, was mit weisem Handeln gemeint ist. Es wird auch geklärt, dass mit „denen da draußen“ die Nichtchristen gemeint sind. Und auch der nicht mehr geläufige Begriff „die Zeit aufkaufen“ wird sehr gut erläutert. Weisheit und Besonnenheit im Umgang mit Nichtchristen kann heißen, einfühlsam zu sein und nicht besserwissend. Wir sollten besonnen sein und nicht vorschnell urteilen. Was den Umgang mit der Zeit betrifft, dann tut die Erinnerung gut, dass uns die Zeit geschenkt wurde und wir sie nutzen sollten. Der Alltag ist voller kleiner Momente, in denen der Glaube sichtbar werden kann – durch ein gutes Wort, eine helfende Hand, ein stilles Gebet.

Für mich bleiben die Erkenntnisse: Es gibt Übersetzungen, die sehr nah am Urtext bleiben, aber leider auch so manche Frage aufwerfen. Hier besteht die Gefahr, dass einfach so dahingelesen und vieles nicht verstanden wird. Deshalb ist der Vergleich der sehr wortgetreuen Übersetzungen wie die Elberfelder und die Schlachter mit erläuternden Übersetzungen wie die Hoffnung für Alle oder die Neue Genfer Übersetzung so nützlich. Ich kann dazu den ERF Bibelserver empfehlen (ein Beispiel siehe unten, im Internet zu finden unter: bibelserver.com). Hier kann man unter 13 verschiedenen Bibelübersetzung auswählen und nebeneinander die Texte sehr schön vergleichen.

Der oder die Himmel?

Die Himmel erzählen die Ehre Gottes.
Psalm 19,2 (Luther 2017)

Der Himmel erzählt die Herrlichkeit Gottes.
Psalm 19,2 (Elberfelder)

Die Frage, warum der Himmel in den verschiedenen Übersetzungen als Einzahl oder Mehrzahl vorkommt, lässt sich durch den hebräischen Ursprung erklären. Das Wort „shamayim” liegt formal im Plural, wird aber inhaltlich als Singular verstanden. Wenn von „Himmeln” gesprochen wird, dann bezeichnet dies nicht „mehrere Himmel” als getrennte Räume, sondern die Gesamtheit des Himmelsraums. Dies klingt poetischer und betont seine Weite. Beide Übersetzungen sind legitim. Die Einzahl entspricht vielleicht eher dem heutigen Sprachgebrauch. „Der Himmel erzählt“ wirkt eine Spur unmittelbarer und persönlicher.

Inhaltlich zeigt der Vers, dass der Himmel (oder die Himmel, wie man will) Gottes Herrlichkeit verkündet. Dies geschieht scheinbar ohne Worte, durch die pure Existenz der Schöpfung. Aber natürlich kommt auch hier das Wort der Bibel ins Spiel. Denn wie sollten wir sonst wissen, wie es um den Himmel steht? Für Atheisten ist der Himmel lediglich der blaue Raum um uns herum, also die Erdatmosphäre und das Weltall, jedoch nichts Geistiges. Nur durch die Bibel erschließt sich uns die Bedeutung, wie Gott sie uns durch sein Wort erklärt. Und es war auch sein mächtiges Wort, mit dem er mit höchster Weisheit und Einsicht den Himmel und die Erde, also alles, geschaffen hat.

Vertrautheit kann zur Unterschätzung führen

Er ist doch der Zimmermann, Marias Sohn. Wir kennen seine Brüder Jakobus, Joses, Judas und Simon. Und auch seine Schwestern leben hier bei uns.« So kam es, dass sie ihn ablehnten. Da sagte Jesus: »Nirgendwo gilt ein Prophet weniger als in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner eigenen Familie.«
Markus 6,3-4

Was Jesus hier gesagt hat („Der Prophet gilt nichts im eigenen Land“), ist zu einer Redewendung geworden, die wir heute erstaunlich häufig antreffen. Oft ist dies in dörflichen und kleinstädtischen Strukturen der Fall, in denen jeder jeden kennt. Wenn da einer aus der Stadt kommt, gilt er schnell als Experte. Kluge und engagierte Leute, die man schon lange kennt, werden dagegen nicht so geschätzt, wie sie es verdient hätten. Psychologisch erklärt sich diese Idealisierung des Fremden durch das Fehlen von Nähe und längerer Erfahrung mit der Person. Dadurch werden die alltäglichen Schwächen, die jeder hat, ausgeklammert. Demgegenüber wirken die Bekannten „entzaubert”. Sie werden nicht als außergewöhnlich wahrgenommen. Anders als beim Fremden bieten sie keinen Raum für Sehnsüchte und überzogene Hoffnungen. Die Vertrautheit mit bekannten Menschen kann dazu verführen, sie als nicht besonders kompetent und innovativ wahrzunehmen.

Hier sollten wir mal unsere eigene Einstellung prüfen: Wie halten wir es mit unserer Wertschätzung im Nahbereich? Gibt es Menschen in unserer Nähe, die wir unterbewerten, nur weil wir sie schon lange kennen? Wie gehen wir mit Vorschlägen um, die in unserem alltäglichen Umfeld geäußert werden? Denken wir nicht oft allzu schnell: „Das kann nichts werden, wenn das von der oder von dem kommt?” Leider werten wir auf diese Weise oft, ohne uns ausreichend mit dem Inhalt von Vorschlägen und Gedanken zu beschäftigen. Doch Gott wirkt nicht nur durch Fremde, sondern oft gerade durch diejenigen, die wir gut zu kennen glauben. Achten wir wieder mehr darauf, das Besondere im Vertrauten neu zu entdecken!