Andacht Heute

Liebe auf Kommando?

Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft. Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen in deinem Herzen sein. Und du sollst sie deinen Kindern einschärfen, und du sollst davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt und wenn du auf dem Weg gehst, wenn du dich hinlegst und wenn du aufstehst.
5. Mose 6,5-7

Diese Worte von Mose klingen, mit ensprechendem Impetus vorgetragen, wie ein Befehl. Man kann sich viele Befehle vorstellen, aber einen Befehl zur Liebe? Vielleicht sind diese Worte eher wie eine gütige, hilfreiche Ermahnung gemeint, mal innezugehen und zu erkennen, was wir alles unserem Herrn zu verdanken haben. Versuche mal, diese Verse in dieser liebevollen Weise zu lesen. Du wirst sehen, dann klingen sie plötzlich ganz anders.

Ich habe mich erinnert, dass ich in einer früheren Andacht, das Thema behandelt habe, warum manche Prediger immer so poltern müssen, wenn sie von Liebe reden. Wer möchte, kann sie hier nachlesen.

Lob für das Unauffällige

Gott ist es, von dem alles kommt, durch den alles besteht und in dem alles sein Ziel hat. Ihm gebührt die Ehre für immer und ewig. Amen.
Römer 11,36

Barthold Heinrich Brockes (1680-1747) war ein Dichter, der mit Jubel die Schönheit der Natur beschrieb, die für ihn Mittler zwischen Mensch und Gott war. Dabei hatte er gerade auch einen Blick für das Unscheinbare, wie er es in seinem Gedicht „Die kleine Fliege“ beschreibt. Auch in „Die Heide“ sah er das Wirken Gottes in der norddeutschen Landschaft zu einer Jahreszeit, da sie nicht mehr in voller Blüte steht:

Es zeigt so gar die dürre Heide,
Zu unsrer nicht geringen Freude,
Wenn man sie recht genau betracht,
Des großen Schöpfers Wunder-Macht.

Wenn ich an diesen grauen letzten Novembertagen aus dem Fenster schaue, erscheint mir die Landschaft nach einem prächtigen Sommer und einem goldenen Herbst wie ein abdekorierter Festsaal. Jetzt ist es da draußen feucht, nebelverhangen und kalt. Die Natur ist eher abweisend und hat scheinbar nichts zu bieten, worüber man sich freuen könnte. Aber Gott hat auch diese stille Zeit vor dem Weihnachtsfest für uns geschaffen, damit wir zur Ruhe kommen und ihm für das Unscheinbare in der Natur und in unserem Leben danken können.

Hilfe gegen permanente Schuldgefühle

Aber was mich betrifft, ist es egal, ob ich von euch oder irgendeinem menschlichen Gericht beurteilt werde. Ich beurteile mich ja nicht einmal selbst. Zwar bin ich mir keiner Schuld bewusst, aber dadurch bin ich noch nicht gerecht gesprochen; der Herr ist es, der über mich urteilt.
1. Korinther 4,3-4

    Paulus hatte bei den Korinthern keinen leichten Stand. Es gab Leute unter ihnen, die ihn nicht nur kritisierten, sondern sogar verachteten. Dennoch war er gegenüber solchen Angriffen bemerkenswert resilient, wie man heute gerne sagt. Übertragen auf die menschliche Psyche bezeichnet Resilienz die Fähigkeit, belastende Lebensumstände zu meistern und mit negativen Ereignissen gut umgehen zu können. Paulus wusste, dass alle Urteile über ihn nichts bedeuten. Am Ende zählt nur das Urteil des Herrn. Interessanterweise misstraute er auch seinen eigenen Urteilen über sich selbst.

    Das kann ein Trost sein für alle, die gerne hart mit sich ins Gericht gehen und sich ständig mit Schuldgefühlen quälen. Helfen kann mir allein schon die Erkenntnis, dass nicht nur ich ein Sünder bin, wir alle sind es. Und wir alle sind auf die Gnade Gottes angewiesen. Ich spreche hier nicht von Taten, bei denen andere für alle sichtbar verletzt wurden. Da geht es natürlich um Wiedergutmachung, zumindest in Form einer Entschuldigung. Ich denke eher an das Gegenteil von Resilienz, nämlich an eine permanente Empfindlichkeit im Alltag, weil wir ständig befürchten, von anderen negativ beurteilt zu werden. Nach einem festlichen Abend kommen einem vielleicht Gedanken wie diese: War ich für diesen Anlass angemessen gekleidet? Habe ich dem Kellner genug Trinkgeld gegeben? Habe ich etwas Falsches gesagt, weil mein Gesprächspartner plötzlich so kurz angebunden war? Die Sensiblen unter uns kennen das. Was können wir gegen diese Neigung tun, ständig nach Schuld zu suchen und sich selbst das Leben schwer zu machen? Werden wir widerstandsfähiger gegen das, was andere über uns denken. Und halten wir es vor allem mit dem Apostel Paulus: Überlassen wir das Urteilen über uns ganz allein dem Herrn.