Die Frage nach der besten Bibelübersetzung

Wenn aber jemand denkt, er handle unschicklich mit seiner Jungfrau, wenn er in der Vollkraft steht, und es muss so geschehen, so tue er, was er will; er sündigt nicht; sie sollen heiraten.
1. Korinther 7,36

Den Vers (oben in der Elberfelder-Übersetzung) hat mir heute morgen meine Frau aus einer ca. 100-jährigen Bibelausgabe (Luther 1912) vorgelesen. Ich war mir anfangs nicht sicher, ob das wirklich ein Satz aus der Bibel ist. Da klingt vieles in heutigen Ohren schon sehr fremd, wenn es heißt: „So aber jemand sich läßt dünken, es wolle sich nicht schicken mit seiner Jungfrau, weil sie eben wohl mannbar ist, und es will nicht anders sein, so tue er, was er will; er sündigt nicht, er lasse sie freien.“

Der Ausdruck „mannbar sein“ um die Geschlechtsreife auszudrücken, wird heute nicht mehr verwendet. Zu leicht könnte es im Sinne von „dem Mann zur Verfügung stehen“ ausgelegt werden. Dabei bedeutete es schon im Wörterbuch von Johann Adelung aus dem Jahre 1774 nichts weiter als „fähig sein zu heiraten“. Meiner Meinung hat man sich auch mit der oben zitierten Elberfelder Übersetzung in unsicheres Gewässer begeben. Da wird der Sexualtrieb des Mannes als eine von ihm kaum zu beherrschende Kraft hervorgehoben, noch ergänzt mit der Aussage, dass es dann eben geschehen müsse und er tun müsse, was er will. Man sollte sich nicht wundern, dass Feministinnen hier ein gefundenes Fressen wittern, die Bibel als frauenunterdrückendes Stück Literatur zu bezeichnen. Geleitet von einer gewissen Befürchtung greife ich jetzt zur Bibel in gerechter Sprache, also einer Übersetzung im heutigen Deutsch, die der Bedeutung der Frauen in der Bibel gerecht werden will. Und siehe da, in diesem Fall (in dieser Bibel ist aber sonst viel Kritikwürdiges zu bemängeln!) finde ich keine Abwertung des männlichen Sexualgebarens, sondern eine im heutigen Deutsch verständlich formulierte Version der Heiratsproblematik von Gläubigen vor, die Paulus ausdrücken wollte. Ich lerne mal wieder daraus, dass es wenig Sinn macht, durchgehend eine Bibelübersetzung zu bevorzugen und andere zur Gänze abzuwerten. Also hier die Übersetzung aus der Bibel in gerechter Sprache:

„Wenn jemand fürchtet, seiner Braut Unrecht anzutun, weil er vom Verlangen überwältigt wird und er sich nicht mehr zurückhalten kann, dann soll er tun, wonach er verlangt, er handelt nicht gegen die Tora: Sie sollen heiraten.“