Andacht Heute

Jenseits von Tempel und Tradition

Aber es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die wahren Anbeter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn auch der Vater will solche Anbeter haben.
Johannes 4,23

Die Frau am Jakobsbrunnen, mit der Jesus sprach, stammte aus Samaria. Dazu muss man wissen, dass Juden und Samariter sich aufgrund ihrer Geschichte tief verachteten. Jesus trug diese Spaltung, die besonders auch im Religiösen begründet lag, nicht mit sich herum, sondern wies auf eine neue Form der Anbetung im Geist und in der Wahrheit hin. Für ihn kommt es nicht auf den Ort an, an dem angebetet wird (Juden im Tempel von Jerusalem und Samariter auf dem Berg Garizim). „Im Geist“ bedeutet, dass die Verbindung zu Gott aus innerer Überzeugung und nicht durch äußere Rituale entsteht. „In der Wahrheit“ bedeutet, aus aufrichtigem Herzen und geleitet durch Gottes Offenbarung zu beten. Damit verabschiedete sich Jesus vom formalen Kult und rief zu einer tiefen, persönlichen Beziehung mit Gott auf.

Wir können heute daraus lernen, dass wahre Anbetung nicht an einen bestimmten Ort gebunden ist. Religiöse Gebäude oder Traditionen haben als äußerer Rahmen ihre Berechtigung, dürfen aber nicht über unserer echten Beziehung zu Gott stehen, die im Geist und in der Wahrheit stehen muss. So wie Jesus die Samariterin angesprochen hat, sollen auch wir Menschen mit Respekt und Offenheit begegnen, die einen anderen Glaubensweg gehen als wir. Dadurch ergeben sich vielleicht tiefe Gespräche, durch die Gräben überwunden werden können.

Eine Einladung zum Nachdenken

Ihr lebt nach dem Grundsatz: „Alles ist erlaubt!“ Ich antworte darauf: Aber nicht alles, was erlaubt ist, ist auch gut. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut die Gemeinde auf.
1. Korinther 10,23

Christen haben eine große Freiheit. Sie wurden von der Gesetzlichkeit befreit. Durch Jesus sind sie frei von der Macht der Sünde. Sie stehen nicht mehr unter dem alten Gesetz, sondern leben aus Gnade. Wer in Christus ist, entgeht der Verdammnis. Die „Freiheit des Christenmenschen” (Martin Luther, 1520) ist jedoch kein Freibrief für Egoismus, sondern ein Werkzeug für das Gute. Deshalb gibt Paulus zu bedenken: „Du darfst – aber musst du auch?“ Wenn sich die Christen in Korinth fragen: „Was schadet es mir?”, empfiehlt er die Ergänzung: „Was kann es mir Gutes bringen?”

Die Korinther suchten nicht nach den nützlichen Dingen oder nach den Dingen, die sie erbauen würden. Anstatt mit Jesus so weit wie möglich voranzugehen, wollten sie im Grunde nur wissen, womit sie noch durchkommen und trotzdem Christen sein konnten. Wir sollten uns fragen, ob wir nicht auch oft so denken wie die Korinther. Nur weil etwas erlaubt ist, heißt das noch lange nicht, dass es förderlich ist. Nur weil etwas für mich in Ordnung ist, heißt das nicht, dass ich es tun sollte.

Gebet: HERR, lass mich erkennen, was für mich gut ist, und was ich lieber lassen sollte!

Wie wir mit der Gnade Gottes umgehen

Wird dem Gottlosen Gnade zuteil, so lernt er nicht Gerechtigkeit; nein, in einem Lande, wo das Recht gilt, bleibt er doch ein Frevler und sieht nichts von der Erhabenheit des HERRN.
Jesaja 26,10

Selbst in einem Land, in dem gerechte Gesetze gelten, wird es immer Menschen geben, die diese übertreten, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Es gibt auch viele, die nur so tun, als ob sie sich für Gerechtigkeit einsetzen wollten; tatsächlich handeln sie aber nach ihren eigenen Maßstäben. Schon der Prophet Jesaja hat dies bedauert. Damit werden die Ordnungen Gottes missachtet und wird die gewährte Gnade mit Füßen getreten.

Gewährte Gnade ist noch keine Garantie für richtige Erkenntnis. Selbst wer Gutes empfängt, kann sich dem Guten dennoch verweigern. Selbst in einem „Land, in dem das Recht gilt“, wird ständig Unrecht getan. Das betrifft auch alltägliche Situationen: Wie behandle ich andere? Bin ich gerecht im Kleinen? Der Vers fordert uns zur Selbstreflexion auf, besonders in Zeiten, in denen wir Gnade empfangen, aber vielleicht nicht entsprechend handeln. Am Ende bleiben die stillen Fragen Gottes an jeden von uns: Was mache ich aus dem Guten, das mir begegnet? Was mache ich aus dem göttlichen Auftrag? Bin ich wirklich ein treuer Mitarbeiter des HERRN?