Andacht Heute

Dogmen oder Grundeinstellungen

Prüft alles, das Gute behaltet.
1. Thessalonicher 5,21

    Dieser Vers ist die evangelische Jahreslosung 2025. Er verbindet das kritische Prüfen und das standhafte Bewahren auf sehr schöne Weise. Das Gute und Tragfähige darf bleiben, blindes Festhalten an Dogmen ist jedoch zu vermeiden.

    Dogmen sind vor allem aus der katholischen Kirche bekannt. Sie werden von ihr klar definiert und sind für alle Gläubigen verbindlich. Ein Beispiel ist die „Unfehlbarkeit des Papstes“ (1870). Der Begriff „persönliche Dogmen” wird auch verwendet, um deutlich zu machen, dass jemand eine Überzeugung hat, die für ihn nicht verhandelbar ist. Daneben gibt es den Begriff „persönliche Grundeinstellungen”. Der Unterschied liegt im Grad der Festigkeit. Während Dogmen absolut und nicht zur Diskussion stehen, beschreiben Grundeinstellungen eine Haltung oder Orientierung, die zwar prägend ist, aber auch in einem gewissen Rahmen offen für Reflexion und Veränderung ist.

    Ich halte es für richtig und notwendig, seine Selbstwahrnehmung in Bezug auf verinnerlichte Dogmen zu richten. Wenn sich beispielsweise auffallend viele Wörter wie „müssen”, „immer” („Ich muss immer stark sein”), „nie” („Ich darf niemals Fehler machen”) oder „nur” („Nur wer etwas leistet, hat einen Wert in der Gesellschaft”) in meinem Vokabular finden. Es lohnt sich, diese in Grundeinstellungen umzuwandeln: „Stärke zeigt sich auch darin, Schwäche zuzulassen“, „Fehler sind Lernchancen und gehören zum Leben“ oder „Leistung ist nur ein Teil meines Wertes“.

    Wenn ich sage: „Glaube bedeutet, niemals zu zweifeln“, dann ist das ein Dogma. Wenn ich hingegen sage: „Ich nehme den Zweifel ernst, denn er kann meinen Glauben vertiefen“, dann ermöglicht mir das eine Grundeinstellung, die Fragen zulässt und zur geistigen Offenheit ermutigt.

    Formen der Liebe

    Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
    Matthäus 22,39

    Es gibt drei Formen der Liebe: die Gottesliebe, die Nächstenliebe und die Selbstliebe. Sie sind gleichrangig und miteinander verwoben. Nur in ihrer Einheit entfalten sie die volle Kraft des christlichen Liebesgebots. Gottesliebe bleibt ohne Nächstenliebe abstrakt, Nächstenliebe ohne Selbstliebe führt zur Überforderung und Selbstliebe ohne Gottesliebe verkommt zur Selbstbezogenheit. Es ist also Vorsicht geboten bei Forderungen, wir sollten noch mehr Nächstenliebe zeigen, wie „Opfere dich auf für die anderen“ , „Das Individuum zählt nicht“ oder „Gemeinwohl geht vor Eigenwohl“. Auf diese Art wird der Einzelne überfordert. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Gottesliebe gegenüber der Nächsten- und Selbstliebe immer bevorzugt werden sollte und es beispielsweise heißt: „Nur Gott zählt, der Mensch ist nichts.“ So wird Nächstenliebe zur Nebensache und Selbstliebe zur Sünde erklärt.

    Alle Forderungen, die eine Liebesart absolut setzen und die anderen verdrängen, widersprechen dem biblischen Prinzip der Gleichrangigkeit. Die drei Liebesarten sind wie drei Stimmen in einem Chor: Wenn eine Stimme dominiert oder verstummt, verliert das Ganze seine Harmonie.

    Wenn wir uns entscheiden müssen

    Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen und verlass dich nicht auf deinen Verstand; sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen.
    Sprüche 3,5-6

    Als Mensch muss man ständig Entscheidungen treffen. Das zeigt sich an den unterschiedlichsten Fragen, zum Beispiel: Gehe ich jetzt einkaufen oder später? Welchen Beruf sollte ich ergreifen? Mit wem will ich eine Partnerschaft eingehen? Engagiere ich mich aktiv in meiner Kirche oder bleibe ich passiv? Richte ich mein Handeln nach biblischen Werten aus?

    In der Psychologie wird unterschieden zwischen verschiedene Entscheidungstypen. Da gibt es

    • den rational-analytischen Typ – er wägt Argumente und Folgen ab, sucht nach logischer Konsistenz,
    • den intuitiven Typ – er entscheidet aus dem Bauch heraus, vertraut auf spontane Eingebungen,
    • den normativen Typ – er orientiert sich stark an Regeln, Traditionen oder Autoritäten,
    • den emotionalen Typ – er lässt Gefühle und Stimmungen den Ausschlag geben,
    • den situations- oder opportunitätsorientierte Typ – er entscheidet pragmatisch nach dem, was gerade passt oder möglich ist.

    Die Psychologie macht deutlich, wie viele Faktoren unser Verhalten beeinflussen. Als Christen können wir daraus lernen, unsere eigene Entscheidungsfindung zu verstehen. Wer sich leicht von Emotionen leiten lässt, sollte versuchen, Fakten stärker einzubeziehen – dies gilt auch umgekehrt. Wir benötigen auch die geistliche Unterscheidung, um Gottes Stimme von bloßen Impulsen zu unterscheiden. Dazu kann man auch den Rat anderer Christen einholen, denn Gemeinschaft hilft, einseitige Entscheidungstypen auszugleichen. Im Gebet erfahren wir große Hilfe, denn allein durch das Formulieren unserer Gedanken und Gefühle tragen wir sie bewusst vor Gott und werden offen für seine Fingerzeige.