Andacht Heute

Hilfe und Rettung

Aus meinem Mund wird man hören, wie du deine Treue erweist, den ganzen Tag will ich davon reden, dass du Rettung schenkst. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft du schon geholfen hast!
Psalm 71,15

Ich habe mich beim heutigen Losungstext für die Neue Genfer Übersetzung entschieden. Das hebräische tesuah (= Rettung, Hilfe, Heil) wird sonst meist mit „Gerechtigkeit“ übersetzt, die Gott uns schenkt. Man könnte freilich sagen: ER ist gerecht und gibt uns Gerechtigkeit. Aber allzu leicht könnte sich hier unsere Vorstellung von Gerechtigkeit einschleichen. Wir fühlen wir uns im Recht, wenn wir im Streit liegen. Von Gott erbitten und erwarten wir Bestätigung. So wie wir in einen Prozess vor Gericht gehen und von unserer Meinung derart überzeugt sind, dass wir ein anderes Urteil nicht akzeptieren würden. Aber es geht in diesem Vers nicht um unser Rechthabenwollen und die Bestätigung durch Gott, sondern Gott greift in seiner großen Gnade und Barmherzigkeit in unser Leben ein und schenkt uns das Heil. Und damit ist neben aller Hilfe aus aktueller Not und Befreiung aus Verstrickungen vor allem die umfassende Rettung unserer Seele gemeint. Das ist im Leben des Psalmisten unendlich oft geschehen. Er will es verkünden, auch wenn er nicht zählen kann, wie oft es schon geschehen ist. Auch wir werden ständig angefochten, wenn wir zum Beispiel von der Ungerechtigkeit in dieser Welt hören. Wie oft hören wir von Skeptikern, dass man nicht mehr an Gott glauben könne, weil er in den aktuellen Konflikten nicht eingreift. Als Christen müssen wir wissen, dass Gott uns nie allein lässt. Er hilft uns beständig, damit wir nicht an seinem Heilsplan zweifeln müssen.

Ich will zum Heiligtum kommen, um die mächtigen Taten Gottes, des HERRN, zu verkünden. Deine Treue will ich preisen, dich allein will ich rühmen.
Psalm 71,16

Unser Auftrag

Und in seinem Namen wird man allen Völkern predigen, dass sie zu Gott umkehren sollen, um Vergebung der Sünden zu erhalten. Das beginnt in Jerusalem.
Lukas 24,47

Nach seiner Auferstehung lehrte Jesus seine Jünger, wie sie verkündigen sollten, und sagte ihnen auch, wo sie anfangen sollten. Das gilt natürlich auch für uns, die wir die ganze Bibel zur Verfügung haben und nicht nur Geschichte für Geschichte darin lesen und das Buch dann zur Seite legen sollen. Die Worte sind an mich und an dich gerichtet, gerade auch die Aufforderung zur Verkündigung. „In seinem Namen“ bedeutet, dass wir so predigen sollen, wie er es uns aufgetragen hat. Unsere Person ist zweitrangig. Wir sind nur Erfüllungsgehilfen der entscheidenden Botschaft, dass jeder, der sie hört, dringend Buße tun muss, um einmal am ewigen Leben teilzuhaben.

Dieser Auftrag beginnt an jedem Ort, an dem wir uns befinden. Für die Jünger war es Jerusalem. Das war damals keine einfache Gegend, da musste man mit Widerstand rechnen. Für uns ist es ein gutes Beispiel. Sind wir nicht auch oft im Zweifel und fragen uns, ob das jetzt der richtige Ort ist, um von Jesus zu erzählen, im Zugabteil, am Tisch mit anderen in der Frühstückspension, mit Bekannten beim Grillen? Man muss nicht gleich mit einer Predigt beginnen und damit den Gesprächspartner überfordern, aber es gibt fast immer die Möglichkeit, seinen Glauben ins Gespräch zu bringen. Das schreibt hier einer, dem es schwerfällt, über den reinen Smalltalk zum Wesentlichen zu kommen. Aber Jesus hat nie behauptet, dass dies eine leichte Aufgabe für uns sei. Viele haben dafür mit ihrem Leben bezahlt, noch heute gibt es in vielen Ländern Christenverfolgungen. In unserem Land droht uns im schlimmsten Fall die gesellschaftliche Ächtung. Damit sollten wir leben können. Auch viele, die sich nicht dem Mainstream der Meinungsbildung unterwerfen wollen, laufen derzeit Gefahr, ausgegrenzt zu werden. Als Christen haben wir den größtmöglichen Vorteil: Wir sprechen in der Vollmacht Gottes.

Geduld oder Ausdauer?

Wir sind also von einer großen Schar von Zeugen umgeben, deren Leben uns zeigt, dass es durch den Glauben möglich ist, den uns aufgetragenen Kampf zu bestehen. Deshalb wollen auch wir – wie Läufer bei einem Wettkampf – mit aller Ausdauer dem Ziel entgegenlaufen. Wir wollen alles ablegen, was uns beim Laufen hindert, uns von der Sünde trennen, die uns so leicht gefangen nimmt, und unseren Blick auf Jesus richten, den Wegbereiter des Glaubens, der uns ans Ziel vorausgegangen ist.
Hebräer 12,1-2

Die Verse von oben stammen aus der Neuen Genfer Übersetzung. Die Herrnhuter verwenden für ihre Losungen als Bibelübersetzung die Luther 2017. Sie tun dies, weil diese für die Evangelische Kirche in Deutschland der maßgebliche Bibeltext ist, in der jeweils aktuellen Fassung. So stammt auch der heutige Lehrtext (das ist der zum ausgelosten Vers aus dem Alten Testament erklärende, ausgesuchte Text aus dem Neuen Testament ) aus dieser Übersetzung, wo es heißt (man beachte die hier verwendete starke Verkürzung eines Textes, der erklären soll im Vergleich zur obigen Fassung):

Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens.

Es mag haarspalterisch erscheinen, wenn ich hier die Neue Genfer Übersetzung für angemessener halte. Das zugrundeliegende griechische Wort ist hypomone und bedeutet „Ausharren unter üblen Bedingungen und das Ertragen böser Dinge“ (Elberfelder Studienbibel). Um im Bild des Sports zu bleiben: Die „Geduld“, die ein Läufer aufbringt, wenn er Runde um Runde dreht, um am Ende die 10.000 Meter geschafft zu haben, scheint mir zu schwach für das, was hier zum Ausdruck kommen soll. Im Glaubensleben müssen schwere Hindernisse überwunden werden, da finde ich die Übersetzung mit „Ausdauer“ – im Sinne von erdulden, aushalten – viel passender. So steht es auch in der Schlachter, der Elberfelder und der Neuen Genfer Übersetzung. Schwach übersetzt ist für mich auch der „Kampf, der mich bestimmt“. Was soll das heißen? Viel besser ist doch „der Kampf, der uns aufgetragen ist“. Da weiß jeder, der das liest, was auf uns zukommt und was von uns erwartet wird. Die Worte der Bibel sind immens herausfordernd. Sie müssen sorgfältig übersetzt werden, damit sie ihre Kraft nicht verlieren in einem Deutsch, über das man hinwegliest und das dem Einzelnen nichts mehr zu sagen hat.