Geduld oder Ausdauer?

Wir sind also von einer großen Schar von Zeugen umgeben, deren Leben uns zeigt, dass es durch den Glauben möglich ist, den uns aufgetragenen Kampf zu bestehen. Deshalb wollen auch wir – wie Läufer bei einem Wettkampf – mit aller Ausdauer dem Ziel entgegenlaufen. Wir wollen alles ablegen, was uns beim Laufen hindert, uns von der Sünde trennen, die uns so leicht gefangen nimmt, und unseren Blick auf Jesus richten, den Wegbereiter des Glaubens, der uns ans Ziel vorausgegangen ist.
Hebräer 12,1-2

Die Verse von oben stammen aus der Neuen Genfer Übersetzung. Die Herrnhuter verwenden für ihre Losungen als Bibelübersetzung die Luther 2017. Sie tun dies, weil diese für die Evangelische Kirche in Deutschland der maßgebliche Bibeltext ist, in der jeweils aktuellen Fassung. So stammt auch der heutige Lehrtext (das ist der zum ausgelosten Vers aus dem Alten Testament erklärende, ausgesuchte Text aus dem Neuen Testament ) aus dieser Übersetzung, wo es heißt (man beachte die hier verwendete starke Verkürzung eines Textes, der erklären soll im Vergleich zur obigen Fassung):

Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens.

Es mag haarspalterisch erscheinen, wenn ich hier die Neue Genfer Übersetzung für angemessener halte. Das zugrundeliegende griechische Wort ist hypomone und bedeutet „Ausharren unter üblen Bedingungen und das Ertragen böser Dinge“ (Elberfelder Studienbibel). Um im Bild des Sports zu bleiben: Die „Geduld“, die ein Läufer aufbringt, wenn er Runde um Runde dreht, um am Ende die 10.000 Meter geschafft zu haben, scheint mir zu schwach für das, was hier zum Ausdruck kommen soll. Im Glaubensleben müssen schwere Hindernisse überwunden werden, da finde ich die Übersetzung mit „Ausdauer“ – im Sinne von erdulden, aushalten – viel passender. So steht es auch in der Schlachter, der Elberfelder und der Neuen Genfer Übersetzung. Schwach übersetzt ist für mich auch der „Kampf, der mich bestimmt“. Was soll das heißen? Viel besser ist doch „der Kampf, der uns aufgetragen ist“. Da weiß jeder, der das liest, was auf uns zukommt und was von uns erwartet wird. Die Worte der Bibel sind immens herausfordernd. Sie müssen sorgfältig übersetzt werden, damit sie ihre Kraft nicht verlieren in einem Deutsch, über das man hinwegliest und das dem Einzelnen nichts mehr zu sagen hat.