Andacht Heute

Ein Christ darf Stellung beziehen

Der von Gottes Geist erfüllte Mensch kann alles beurteilen, er selbst aber ist keinem menschlichen Urteil unterworfen. Denn es steht ja schon in der Heiligen Schrift: »Wer kann die Gedanken des Herrn erkennen, oder wer könnte gar Gottes Ratgeber sein?« Nun, wir haben den Geist von Christus, dem Herrn, empfangen und können seine Gedanken verstehen.
1. Korinther 2,15-16

Deshalb urteilt niemals voreilig! Wenn Christus kommt, wird er alles ans Licht bringen, was jetzt noch verborgen ist, auch unsere geheimsten Wünsche und Gedanken. Dann wird Gott jeden so loben, wie er es verdient hat.
1. Korinther 4,5

In Beiträgen christlicher Autoren ist nicht selten die Rede davon, dass man im Dialog mit dem Atheismus auf keinen Fall werten dürfe. Auch in gesellschaftlichen und politischen Fragen sollte man sich zurückhalten. Man müsse in jedem Fall die Meinung des anderen respektieren und dürfe kein vorgebrachtes Argument abwerten. Als Kernfrage wird formuliert: „Wie können wir argumentieren, ohne zu werten?“ Aber kann es eine völlig wertfreie Kommunikation überhaupt geben? Ich glaube nicht. Selbst wenn wir versuchen, absolut neutral zu bleiben, fließen unbewusst Bewertungen in unsere Wortwahl und in unsere Körpersprache ein. Abgesehen davon halte ich diese Form des „alles so stehen lassen“ auch nicht für erstrebenswert. Der andere soll wissen, wie er dran ist mit uns und hat auch so etwas wie ein Recht auf unsere ehrliche Meinung.

Paulus ist hier eindeutig in seiner Aussage: Als vom Geist Gottes erfüllter Mensch haben wir das Recht zu beurteilen. Aber es gibt auch die Einschränkung, dass wir uns das nicht zu leicht machen sollen. Denn das letzte Urteil kommt von Jesus Christus. Wir können allerdings auf diese Tatsache hinweisen, damit der atheistische Gesprächspartner die Chance hat, seine Einstellung zu Gott zu ändern. Wenn wir ihn aber von oben herab beurteilen, wird er dies als Verurteilung auffassen und sich in seiner Meinung über selbstgerechte Christenmenschen bestätigt fühlen.

Gottes Gnade

Ist Gott etwa ungerecht? Niemals!
Römer 9,14

Was Paulus in seinem Brief an die Römer anspricht, die Gnadenwahl Gottes, gehört sicher zu den schwierigsten Fragen des Christseins. Ist es denn – nach menschlichem Ermessen (das muss hier hinzugefügt werden) – gerecht, wenn nicht alle Menschen die gleiche Gnade Gottes erhalten? Das hat zu Glaubenszweifel und zu Kirchenspaltungen geführt. Calvinisten glauben an die doppelte Prädestination, also daran, dass einige Menschen durch Gottes Gnade zum ewigen Leben bestimmt sind, während andere verworfen werden. Viele Christen lehnen diese Lehre ab, weil es im Neuen Testament Stellen gibt, die auf einen universellen Heilswillen Gottes hinweisen, wie es in 2. Petrus 3,9 heißt: Er hat noch Geduld mit euch, denn er will nicht, dass jemand verloren gehe, sondern dass alle umkehren zu ihm.

Sicher ist nur, dass wir Menschen uns das ewige Leben nicht selbst erarbeiten können, sondern ganz auf die Gnade Gottes angewiesen sind. Die Annahme einer Vorherbestimmung, der kein Mensch entrinnen kann, würde aber die menschliche Entscheidungsfreiheit völlig einschränken. Wozu sollten dann alle Dienste wie die Weitergabe des Evangeliums nütze sein? Warum sollten wir für die Rettung von Menschen beten, wenn von vornherein feststeht, wer gerettet wird? Lasst uns also nicht nachlassen in unseren Bemühungen, auch wenn wir uns bewusst sein müssen, dass wir damit bei Gott nichts erzwingen können.

Die Befreiung von der Gesetzlichkeit

Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz oder die Propheten außer Kraft zu setzen. Ich bin nicht gekommen, um außer Kraft zu setzen, sondern um zu erfüllen.
Matthäus 5,17

In seiner Auseinandersetzung mit den Schriftgelehrten, insbesondere über die Sabbatvorschriften, zeigte Jesus, dass deren Auslegung des mosaischen Gesetzes falsch war. Dennoch beharrte er auf der Gültigkeit der Zehn Gebote und des Doppelgebots der Liebe. Er ging sogar noch einen Schritt weiter: Er erfüllte das Gesetz vollständig durch seinen Tod am Kreuz, indem er die Strafe auf sich nahm, die wir verdient hatten.

Als Christen sollten wir die Bibel vom Neuen Testament her lesen. Dann werden wir verstehen, wie Jesus mit manchen Vorschriften umgegangen ist. Dann werden wir auch davor bewahrt, uns wie die Schriftgelehrten zu verhalten und in jedem Fall auf der buchstabengetreuen Anwendung des Alten Testaments zu bestehen. So heißt es noch in 3. Mose 20,10: „Wenn ein Mann die Ehe mit der Frau eines anderen bricht, so sollen sie beide des Todes sterben.“ Jesus ist für unsere Sünden gestorben, aber das heißt nicht, dass wir ungestraft weiter sündigen dürfen. Das 6. Gebot (Du sollst nicht ehebrechen) bleibt bestehen. Wer aber die Erlösungstat Jesu anerkennt und seine Sünden bereut und Buße tut, dem wird vergeben werden.