Kürzen ja, aber nicht den Sinn verfehlen

Aber nicht darüber sollt ihr euch freuen, dass euch die bösen Geister gehorchen. Freut euch lieber darüber, dass eure Namen bei Gott aufgeschrieben sind!
Lukas 10,20

„In der Kürze liegt die Würze“, heißt ein bekannter Spruch. Jedem Journalisten wird es eingetrichtert, sich kurz zu fassen, um den modernen, schlagzeilenfixierten Leser nicht zu ermüden. Wenn es aber um die große, ewige Wahrheit geht, darf man nicht wichtige Teile der Botschaft einfach kürzen, und sei es nur um eine Konjunktion, wie in diesem Beispiel.

Jesus sandte 70 Jünger aus, um die Ankunft des Heilands zu verkünden. Als sie voller Freude zurückkehrten, berichteten sie, dass ihnen sogar die Dämonen gehorchten. Jesus bestätigte ihnen, dass sie ermächtigt wurden, sich über die Angriffe des Widersachers hinwegzusetzen. Sie sollten sich aber weniger darüber freuen, dass sie diese Geister vertreiben können, sondern vor allem über die Zusage, dass ihre Namen im Himmel verzeichnet wären. Damit versuchte Jesus den Jüngern zu erklären, dass die ihnen geschenkten Fähigkeiten, Geister auszutreiben und Kranke zu heilen, nur die Ausrüstung für ihren Verkündigungsauftrag waren. Wer plötzlich neue Kräfte in sich spürt, kann leicht in eine Euphorie verfallen und darauf stolz sein. Sie sollten aber darüber jubeln: Zu Jesus zu gehören, seinen Auftrag zu erfüllen und dadurch im Buch des Lebens auf ewig verzeichnet zu sein. Dies gilt nur für die SEINEN, nicht für alle. In Lukas wird auch von Menschen berichtet, die von der Botschaft nichts hören wollen.

Wer auf euch hört, hört auf mich. Wer euch abweist, weist mich ab. Wer aber mich abweist, weist den ab, der mich gesandt hat.
Lukas 10,16

Sie werden ins Totenreich geworfen werden. Denjenigen, welche die Jünger bei sich aufnehmen und die Botschaft in ihrem Haus annehmen, wird das Reich Gottes nahe sein. Das ist alles wunderbar von Lukas in diesem Abschnitt formuliert worden. Wer ihn aufmerksam liest, hat kaum ein Verständnisproblem. Dieses kann sich nur einstellen, wenn verkürzt zitiert und schwach übersetzt wird, wie etwa so: „Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“ So formuliert erscheint der Text im heutigen Lehrtext der Herrnhuter und war er evangelischer Monatsspruch im Februar 2021. Hier ist kein Gegensatz mehr zwischen den Auserwählten und den Ausgestoßenen erkennbar, weil jeglicher Zusammenhang mit dem übrigen Text getilgt wurde. Notwendige Konjunktionen (Bindewörter) wie „aber“, „lieber“ und „vielmehr“, wie sie seit Luther verwendet werden, tauchen nicht mehr auf. Diese sind aber entscheidend wichtig, sonst könnte man meinen, allen wäre es ohne Weiteres möglich, in den himmlischen Verzeichnissen aufgenommen zu werden. Es reicht aber eben nicht, routinemäßig Gottesdienste zu besuchen und Sakramente zu empfangen. Damit ist man noch nicht errettet. Hier nochmal der Abschnitt bei Lukas in aller Kürze: Gott hat seine Jünger erwählt und sie ausgesandt. Ihre Botschaft wird entweder aufgenommen oder abgelehnt, was wiederum entscheidend ist für die Zukunft der Adressaten.

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