Andacht Heute

Was ist „Schamkultur“?

Zu dieser Botschaft bekenne ich mich offen und ohne mich zu schämen, denn das Evangelium ist die Kraft Gottes, die jedem, der glaubt, Rettung bringt.
Römer 1,16

Diese Aussage des Paulus steht im Gegensatz zur „Schamkultur des Römischen Reiches”. Ich kannte diesen Ausdruck nicht und habe mich kundig gemacht. Demnach war die persönliche und familiäre Ehre im Römischen Reich ein hohes Gut. Wer gegen gesellschaftliche Normen verstieß, riskierte nicht nur Kritik, sondern auch soziale Ausgrenzung oder politische Nachteile. Das Evangelium galt im römischen Denken als Torheit und Schwäche. Paulus stellte sich mutig gegen diese kulturelle Logik und bekannte sich zu einer neuen Form von Ehre, die von Gott kommt.

Heute erleben wir ein Wiedererstarken dieser Schamkultur durch die digitale Öffentlichkeit. Da gibt es Likes und Shitstorms. Die Online-Reputation beeinflusst das Verhalten stärker als das Gewissen. Das führt dazu, dass man sich stark an der Meinung anderer orientiert. Konflikte werden oft vermieden, um das Gesicht zu wahren. Fehler werden nicht offen zugegeben, sondern verdeckt oder relativiert.

Notwendig wäre heute eine Besinnung auf christliche Werte wie Reue und Wiedergutmachung. Anstatt sich dem vorherrschenden moralischen Relativismus zu fügen oder sich allein um das eigene Image zu kümmern, sollte wieder mehr Offenheit für Selbstkritik und persönliche Verantwortung gepflegt werden. Die Kraft Gottes wird uns dabei helfen, im Sinne des Evangeliums zu handeln.

Feindesliebe und Selbstschutz

Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel.
Matthäus 5,44-45

Wir alle kennen diesen Aufruf zur Feindesliebe aus der Bergpredigt. In unzähligen Kanzelreden wird er herangezogen, um uns zu Toleranz und Nächstenliebe zu erziehen. Nur selten wird dabei ausgesprochen, dass es eine Diskrepanz zwischen idealistischen Vorstellungen und der brutalen Realität geben könnte. Doch wie weit reicht unsere Feindesliebe, wenn unsere Werte bedroht sind?

Aus der sicheren Distanz heraus kann man leicht davon reden, man solle auch „die andere Wange hinhalten”. Was aber, wenn unsere christlichen Kirchen zunehmend zum Angriffsziel von Fanatikern einer anderen Religion werden? Wenn durch gezielten Vandalismus Altäre zerstört, Gebetsbücher beschädigt und Weihwasserbecken mit Exkrementen verunreinigt werden? Müssen wir das alles schweigend erdulden? Natürlich nicht. Wir dürfen und müssen uns selbst und unsere Werte schützen. Solche Straftaten dürfen nicht länger beschönigt werden. Es handelt sich nicht immer nur um „Einzelfälle” oder „psychische Ausnahmezustände”. Es reicht auch nicht aus, wenn die EKD und die katholische Bischofskonferenz die Zunahme von Vandalismus beklagen, aber die Herkunft und den religiösen Hintergrund der Täter nicht klar benennen. Selbstverständlich sollen wir Hass nicht mit Hass beantworten. Aber Wegschauen ist auch eine Form der Lieblosigkeit.

Begeisterung für den Glauben

Eine dieser Frauen – sie hieß Lydia – war eine Purpurhändlerin aus Thyatira, die an den Gott Israels glaubte. Während sie uns zuhörte, öffnete ihr der Herr das Herz, so dass sie das, was Paulus sagte, bereitwillig aufnahm. Nachdem sie sich dann mit allen, die in ihrem Haus lebten, hatte taufen lassen, lud sie uns zu sich ein. »Wenn ihr überzeugt seid, dass ich ´jetzt eine Christin bin und` an den Herrn glaube«, sagte sie, »dann kommt in mein Haus und seid meine Gäste!« Sie drängte uns so, dass wir einwilligten.
Apostelgeschichte 16,14-15

Diese Begebenheit ist die überzeugende Geschichte einer Frau, die zum Glauben fand, weil sie dem Apostel Paulus zuhörte. Seine Worte beeindruckten sie sehr und der Herr schenkte ihr die wahre Erkenntnis. Dabei blieb es nicht: Sie setzte ihren Glauben sofort in die Tat um. Sie ließ sich mit allen aus ihrem Haushalt taufen und stellte ihr Haus den Gästen zur Verfügung. Auffallend ist, dass sie dies mit allem Nachdruck tat. Man konnte ihre Bitte nicht abschlagen, da sie „keine Ruhe gab”, wie es in einer anderen Übersetzung so schön heißt.

Die Geschichte ist an sich schon erstaunlich genug, aber dieser Aspekt des Drängens der Lydia ist mehr als eine Dreingabe. Für mich bedeutet es, dass es eine unwiderstehliche Begeisterung für den Glauben gibt. Wir könnten uns an dieser Lydia ein Beispiel nehmen. Gerade, wenn wir zu unentschlossen an ein neues Projekt herangehen – in unserem Fall die Einrichtung einer „Kirche als Begegnungsort”. Wenn wir aufgrund unseres Glaubens fest davon überzeugt sind, dass es notwendig ist, warum sollte es dann nicht gelingen?