Andacht Heute

Die Bitte um Gnade

Und das ist meine Bitte an Gott: dass er eure Liebe, verbunden mit der rechten Erkenntnis und dem nötigen Einfühlungsvermögen, immer größer werden lässt. Dann werdet ihr in allem ein sicheres Urteil haben und werdet ein reines, untadeliges Leben führen, bereit für den Tag, an dem Christus wiederkommt. 
Philipper 1,9-10

Wenn die Liebe der Philipper wächst, wird auch ihre Erkenntnis zunehmen. Das wird sich auf ihr Urteilsvermögen auswirken. Sie werden umso sicherer erkennen, was in Gottes Sinne ist. Paulus schildert dies als einen Prozess, der ganz von Gott abhängig ist.

Beachte: Es ist kein Appell an die Philipper, sich noch mehr anzustrengen. Es wird auch nicht gesagt, dass durch mehr Wissen die Liebe wächst. Alles geschieht durch Gottes Gnade. Die geistlichen Gaben sind nicht durch menschliche Anstrengungen erreichbar. Der Gläubige wird durch sie befähigt, zu prüfen, was für ihn richtig ist. Die Gnade Gottes verändert Herz und Verstand. Sie schenkt das nötige Unterscheidungsvermögen zwischen richtig und falsch. Sie bereitet auf die kommende Begegnung mit Christus vor.

Denn Gottes Gnade ist sichtbar geworden, mit der er alle Menschen retten will. Sie bringt uns dazu, dass wir uns von aller Gottlosigkeit und allen selbstsüchtigen Wünschen trennen, stattdessen besonnen und rechtschaffen hier in dieser Welt leben, so wie es Gott gefällt.
Titus 2,11-12

Wo bleiben wir selbst bei aller Hingabe?

Ihr seid tot für die Sünde und lebt nun für Gott, der euch durch Jesus Christus das neue Leben gegeben hat.
Römer 6,11

Unsere Haltung gegenüber Gott ist durch das neue Leben in Jesus Christus geprägt von der Hingabe an seinen Willen. Wir stehen dann nicht mehr selbst im Mittelpunkt, sondern überlassen uns der Führung des Herrn. Wichtig ist, dass wir gerne seine Nähe suchen. „Dann geht alles wie von selbst”, wie es in einer Werbung aus den 1950er Jahren so schön heißt.

Aber gibt es bei aller Hingabe und Unterordnung nicht auch den Drang des Menschen zur Selbstbehauptung? Dieser gesunde Egoismus dient nicht nur dem Überleben, sondern ist auch Ausdruck unserer Selbstachtung und unseres Strebens nach Würde und Identität. Er zeigt sich darin, dass man sich nicht ständig für andere aufopfern muss, sondern auch auf die eigenen Grenzen der Belastbarkeit und das eigene Wohlbefinden achten sollte. Dadurch schützen wir uns vor emotionaler Erschöpfung und Abhängigkeit und dürfen auch mal „Nein” sagen, ohne Schuldgefühle zu haben. Diese gesunde Form der Selbstbehauptung gilt es jedoch von dem Versuch abzugrenzen, sich autonom von Gott zu machen, und sich selbst zum alleinigen Maßstab zu erheben. Auch wenn es oft so interpretiert wird: Gott fordert keine grenzenlose Selbstaufopferung von uns. Wir dürfen uns selbst entfalten und auch unsere eigenen Belange für wichtig halten, aber nicht in Stolz und Selbstüberhöhung, sondern immer in Beziehung zu Gott, dem wir alles zu verdanken haben.

Eine Aufforderung zum Aktivismus?

So wollen wir denn eifrig bestrebt sein, in jene Ruhe einzugehen, damit nicht jemand als ein gleiches Beispiel des Unglaubens zu Fall kommt.
Hebräer 4,11

In einem Kommentar zu diesem Vers heißt es: „Ganz offensichtlich kann man durch Glauben in diese Ruhe eingehen, aber dazu ist ein eifriger Glaube notwendig. Das zeigt uns, dass Glaube nicht passiv ist.“ Eine solche Betonung der eigenen Mühe wäre jedoch Wasser auf die Mühlen all jener, die uns Gläubige zu immer neuen Taten anspornen möchten. Doch ist das nicht ein Widerspruch in sich? Wie sollten wir durch Aktivismus in die Ruhe Gottes eingehen können? Schon hier sehen wir, dass dies unmöglich gemeint sein kann. In Hebräer 4,14 werden wir nämlich nicht dazu aufgefordert, eifrig Werke des Glaubens zu tun, sondern wir werden darin bestärkt, am Bekenntnis des Glaubens an Jesus Christus festzuhalten.

Da wir nun einen großen Hohenpriester haben, der durch die Himmel gegangen ist, Jesus, den Sohn Gottes, so lasst uns das Bekenntnis festhalten.

Wir werden aufgefordert, im Glauben an Christus standhaft zu bleiben. In dieser Weise sollen wir „eifrig bestrebt sein”, nicht durch die Anhäufung eigener Leistungswerke.