Andacht Heute

Klagelieder an Weihnachten?

Bringe uns, HERR, zu dir zurück, dass wir wieder heimkommen; erneure unsre Tage wie vor alters!
Klagelieder 5,21

Heute haben wir es mit einem Vers aus den Klageliedern zu tun, der für diesen Tag von der Herrnhuter Brüdergemeine ausgelost wurde. In diesen fünf poetischen Trauergesängen wird die Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier im Jahr 587 v. Chr. beklagt. Das letzte Kapitel 5 ist ein gemeinsames Gebet des Volkes, eine Bitte um Erbarmen und um die Nähe Gottes. Wir begegnen hier Versen, die man nicht unbedingt für einen Weihnachtsgottesdienst auswählen würde. Allerdings: Weihnachten ist kein Fest der Verdrängung. Viele Menschen erleben Weihnachten nicht als „Friede-Freude-Fest“, sondern als Zeit, in der Einsamkeit, Verlust oder Überforderung besonders spürbar werden.

Auch in unserer Gegenwart gibt es Schauplätze des Krieges und der Zerstörung, bei denen Klagelieder angebracht sind. Auch dort, wo äußerlich noch alles heil geblieben ist, wie bei uns, ist Trauer über den Zustand dieser Gesellschaft angebracht. An diesen Weihnachtstagen spüren wir eine tiefe Sehnsucht nach Wiederherstellung und Erneuerung. Was wir jetzt brauchen, sind keine oberflächlichen Feiertagsreden, sondern die Erkenntnis, dass nur Gott uns helfen kann. Weihnachten ist Gottes Antwort auf die Klagelieder dieser Welt. Der Sohn Gottes, Jesus Christus, kam in einer Zeit politischer Unterdrückung zu uns. Er kam nicht in ein Palastbett, sondern in einen Stall. Damit kam für jeden Einzelnen von uns die Hoffnung, die weit über die Weihnachtstage hinausgeht. Das Erbarmen Gottes wird uns jeden Morgen neu geschenkt. Er verwirft uns niemals für immer, egal, was wir getan haben. Er sieht unser Leid und bleibt uns treu.

Gut ist der HERR zu denen, die auf ihn harren, zu der Seele, die nach ihm fragt.
Klagelieder 3,25

Hoffnung durch das Staatsoberhaupt?

Denn euch ist heute in der Stadt Davids der Retter geboren, welcher ist Christus, der Herr.
Lukas 2,11

Was können wir erwarten von einer Weihnachtsansprache, wenn ein ungläubiger Bundespräsident wie Frank-Walter Steinmeier zu uns spricht? Wie wir schon heute Presseberichten entnehmen können, wird er wieder eine dieser extrem langweiligen, allgemein gehaltenen Reden halten, die wir mittlerweile von unserem derzeitigen Staatsoberhaupt schon gewohnt sind. Da wird viel von Dunkelheit und Licht die Rede sein, von Solidarität und Gemeinschaftsgeist. Kaum ein Allgemeinplatz wird wieder ausgeklammert werden. Es ist ja nur das Volk, das dies im betulichen Ton Vorgetragene gewohnheitsmäßig schlucken muss, wenn es denn nicht lieber auf einen solchen Festgenuss verzichtet.

Im Jahr 1951, dem Jahr meiner Geburt, hielt der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer eine Weihnachtsansprache, die uns noch heute mehr berührt als die aktuellen Versuche, dem Anlass Rechnung zu tragen. In der Nachkriegszeit war es nötig, den Deutschen wieder Hoffnung für die Zukunft zu vermitteln. Adenauer gelang dies mit seiner Rede, weil sie im Christentum verankert war. Er schwurbelte nicht herum. Er sprach von dem Fest der „Geburt des Heilandes“ und mahnte schon damals vor dessen Verfall in den totalen Kommerz, wie wir ihn heute erleben. In dieser Ansprache an das Volk der Deutschen heißt es am Ende:

„Feiern wir wirkliche Weihnacht? Ist es eine geweihte Nacht, die wir begehen, ein Fest, erfüllt von Weihe, von Stille, von Besinnlichkeit? Ist es wirklich ein Fest, an dem wir anderen eine Freude bereiten wollen, so wie uns einst Freude bereitet worden ist? Oder ist nicht Weihnachten dem Fluch unserer Zeit, der Rastlosigkeit, der Unruhe, der Äußerlichkeit verfallen? Ich fürchte, es ist so! Dann wollen wir uns besinnen. Wir wollen daran denken, dass wir das Fest der Geburt des Heilandes begehen, des Sohnes Gottes, der in die Welt kam, um den armen und gehetzten Menschen den Frieden zu bringen. Wir wollen versuchen, in diesen Tagen alte Quellen in uns neu zu erschließen, Quellen, die unter dem Gestrüppe des Alltages, unter dem Schutt der Kriegsereignisse, unter dem Triebsand des modernen Lebens, seiner Hast und Hetze, seiner Äußerlichkeit und Genusssucht, seinem entsetzlichen Betrieb doch noch vorhanden sind. Wir müssen sie befreien von all dem Schutt und Gestein, das diese Jahre auf sie gehäuft haben. Sie werden dann wieder lebendig werden und uns wieder Leben spenden. Ich fürchte, es wird keinen Frieden, keine Ruhe, keine Freude für die Menschheit geben, wenn wir nicht zurückfinden zu den ewigen, unvergänglichen Gütern, auf denen allein das Glück der Menschen aufgerichtet werden kann. Schrankenlose, hemmungslose Ichsucht, Sucht nach Betrieb und Genuss bringen kein Glück. Verinnerlichung, Besinnung auf sich selbst, Arbeit und Sorge für andere und für das Gemeinsame, das ist, was uns Not tut und was uns glücklich macht…

…Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind. Diese Botschaft der Engel bei der Geburt Christi sei uns ein Trost, eine Freude, eine Hoffnung.“

Ohne Gottes Segen geht nichts voran

Sei getrost, alles Volk im Lande, spricht der HERR, und arbeitet! Denn ich bin mit euch.
Haggai 2,4

Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen.
2. Korinther 9,6

    Die Kombination des Losungstextes aus Haggai mit dem erklärenden Text aus dem Neuen Testament erscheint mir hier fragwürdig bzw. unglücklich ausgewählt. Der entsprechende Abschnitt im Korintherbrief wird gerne für Spendenaufrufe herangezogen („Gott liebt fröhliche Geber“). Zur Thematik „Spendenaufrufe vor Weihnachten” habe ich am 16.12. eine Andacht geschrieben. Man könnte zu dem falschen Schluss kommen, dass es beim Bau des neuen Tempels nur an Geld fehlte und es deshalb nicht voranging. Beim Bau des neuen Tempels fehlte es jedoch nicht an Geld, sondern an etwas ganz anderem.

    Die Menschen waren skeptisch, ob der neue Tempel dem alten, herrlichen Tempel Salomos gleichen könne. Da lässt der Herr dem Volk Israels durch Haggai ausrichten, dass er zu seinen Verheißungen steht. Er hat sie aus dem Exil herausgeführt und er wird sie auch bei ihrer Arbeit am Tempelbau unterstützen. Das Volk hatte Gottes Haus vernachlässigt – und deshalb blieb ihre Arbeit ungesegnet. Doch jetzt, da sie wieder bauen, sagt der Herr: „Von diesem Tag an will ich euch segnen.“ Es geht ihm nicht um Schein und äußere Größe, sondern darum, dass die Menschen seine Nähe erkennen. Auch an Weihnachten kommt es nicht auf edlen Lichterglanz an, ermöglicht durch großzügige Spender, sondern darauf, dass Gott in die Herzen aller Gläubigen einzieht. Und da gilt die Botschaft aus Haggai auch für uns: „Ich bin mit euch. Arbeitet weiter. Die Herrlichkeit wird kommen.“