Andacht Heute

Aus der Praxis gemeinsamer Bibellese

Einen Streit anfangen ist, als ob man Wasser entfesselt; darum lass ab vom Zank, ehe er heftig wird!
Sprüche 17,14

In der Literaturwissenschaft bezeichnet der Begriff „Praxeologie” eine Methode, die sich mit praktischen Handlungen und Routinen im Umgang mit Texten befasst. Dabei wird untersucht, wie Texte gelesen, interpretiert, diskutiert und in verschiedenen sozialen und kulturellen Kontexten verwendet werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können auch für die Arbeit mit dem Wort Gottes genutzt werden.

Wir haben gestern in unserem Bibelkreis einen Text aus einer Liste ausgelost. Jeder hatte dann zehn Minuten Zeit, sich damit in Form eines Brainstormings auseinanderzusetzen und seine Gedanken zu Papier zu bringen. Anschließend konnte reihum jeder seine Aufzeichnungen vortragen, wobei alle Teilnehmer dazu Fragen stellen konnten. So entwickelte sich eine lebendige Diskussion über Themen wie unseren Umgang mit Streit, dessen Verhinderung, die Beendigung von langanhaltenden Zwisten, Vergebung und die für uns Christen nutzbringende Frage, wie Jesus sich in einer konkreten Kontroverse verhalten hätte. Der Vorteil dieser Form des gemeinschaftlichen Austausches über einen kurzen Bibeltext ist, dass der Einzelne mehr als bei einer fortlaufenden Bibellese eines längeren Textes gefordert ist, seine Gedanken zum Text zu formulieren und seine persönlichen Erkenntnisse und Erlebnisse darzulegen. Interessant war neben der Entwicklung einer Vielzahl unterschiedlicher Themen, dass die Teilnehmer auch von der für sie erfreulichen Überwindung anfänglicher Blockaden berichten konnten. Die Ergebnisse aus der Runde ermutigen uns, die gemeinsame Bibellese in dieser Form fortzuführen.

Forscht nach im Buch des HERRN und lest es!
Jesaja 34,16

Echter Lobpreis

Und als er sich schon dem Abhang des Ölberges näherte, fing die ganze Menge der Jünger freudig an, Gott zu loben mit lauter Stimme wegen all der Wundertaten, die sie gesehen hatten.
Lukas 19,37

Es kann sein, dass es am Alter liegt, dass meiner Frau und mir christliche Worship-Musik nicht so gefällt wie der Jugend. Da wird, wie wir es erlebt haben, zum Singen aufgefordert, man soll die Hände heben, klatschen und „Halleluja” rufen. Das geschieht natürlich, um die Teilnehmer zu emotionalisieren. Der nächste Schritt ist dann nicht mehr weit: Zuckungen, Weinen und das Reden in Zungen. So weit ist es da in der von uns besuchten Veranstaltung nicht gekommen. Es gibt ja auch gemäßigte Formen des Lobpreises.

Was es uns aber schwer macht, bei diesen Worship-Veranstaltungen mitzumachen, sind die Lieder, die dort gesungen werden. Es sind die immer wieder suggestiv wiederholten Refrains, die uns in ihrer Eintönigkeit eher ermüden. Diese einfachen Texte erinnern mich an katholische Litaneien und die monoton wiederkehrenden Formeln christlicher Frömmigkeit. Auch sie sollen eine meditative Stimmung erzeugen. Als ich in meiner Jugend noch katholisch war, machte ich einen großen Bogen um die Maiandachten mit ihren Mariengebeten.

Betrachten wir den Lobpreis in unserem Text, so hat dieser einen konkreten Anlass: das Erscheinen von Jesus. Er bezieht sich auf die Wunder, die seine Jünger selbst erlebt haben. Und in diesem Lobpreis machen die Jünger deutlich, dass ER der wahre Herr ist und nicht die römische Herrschaft, was die Pharisäer gleich darauf in Angst und Schrecken versetzte. Nehmen wir uns ein Beispiel an diesem Lobpreis. Er soll nicht gedankenlos und allgemein sein, sondern das, was Gott konkret in unserem Leben bewirkt hat, zum Ausdruck bringen. Lobpreis und Anbetung sind keinesfalls allein mit Musik ausdrückbar. Wir tun ihn kund mit jedem einfachen Wort und mit jeder Tat, mit denen wir Gott loben.

Auf der Suche nach Gelassenheit

Doch wir, die wir ihm vertrauen, werden zu der Ruhe gelangen, die Gott versprochen hat.
Hebräer 4,3

„Doomscrolling“ bezeichnet das ständige Scrollen durch Nachrichten mit negativem Inhalt. Schreckensmeldungen in den Medien gibt es derzeit wieder in Hülle und Fülle, man wird immer fündig. Das kann zur Sucht werden und zu Stress, Angst und Depressionen führen. Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, ist Selbstbeschränkung. Man muss nicht jeden Morgen mit der Suche nach Negativem beginnen. Besser ist es, die Bibel zur Hand zu nehmen, das führt zur Gelassenheit.

Ich möchte auch das Gelassenheitsgebet vorstellen (viele kennen es wahrscheinlich schon), in dem Gott um Gelassenheit und Weisheit gebeten wird. Es wird dem amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr zugeschrieben. Ich gebe hier eine erweiterte Fassung wieder, bei der auf Jesus verwiesen wird.

Gott, gib mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
Und Weisheit, um den Unterschied zwischen beidem zu erkennen.
Einen Tag nach dem anderen zu leben,
Einen Moment nach dem anderen zu genießen,
Beschwernis als einen Weg zum Frieden zu akzeptieren,
Diese sündige Welt, wie Jesus es tat,
So anzunehmen, wie sie ist,
Nicht so, wie ich sie gern hätte,
Darauf zu vertrauen, dass Du alles richtig machen wirst,
Wenn ich mich Deinem Willen hingebe,
Auf dass ich recht glücklich sein möge in diesem Leben
Und überglücklich mit Dir auf ewig im nächsten.
Amen.