Andacht Heute

Klage und Hoffnung

Denn vom Kleinsten bis zum Größten trachten sie alle nach unrechtem Gewinn, und vom Propheten bis zum Priester gehen sie alle mit Lügen um. Und sie heilen den Schaden der Tochter meines Volkes leichthin, indem sie sprechen: »Friede, Friede!«, wo es doch keinen Frieden gibt.
Jeremia 6,13-14

Damals wie heute die Frage: Wem kann man in dieser Welt noch trauen? Wie viele Menschen reden heute ständig von Frieden und Demokratie, aber was wollen sie wirklich? Merken sie noch, dass sie gnadenlos gegen Andersdenkende vorgehen, nur weil sie anderer Meinung sind und ihren eigenen Interessen im Wege stehen? Sie nehmen für sich in Anspruch, das tun zu dürfen, weil sie einer gerechten Sache dienen. Den Politikern unter ihnen geht es um Machterhalt. Nicht nur ihnen, auch den hohen Kirchenvertretern ist daran gelegen. Dabei laufen ihnen die Schäfchen in Scharen davon. Nicht zuletzt, weil sie ihren falschen Reden nicht mehr glauben. Da können sie noch so viel vom Frieden reden, sie selbst tragen mit ihren polarisierenden Äußerungen maßgeblich zu diesem Bruch im Gefüge der Gesellschaft bei.

Der Prophet Jeremia hat uns einen langen Text voller Klagen hinterlassen. Doch über allen traurigen Feststellungen über den Zustand seines Volkes steht die Hoffnung auf Gottes Eingreifen. Auch in Zeiten der Verwirrung baut er an seinem Reich. Wenn wir ihm treu sind, können wir ein Teil davon sein.

Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.
Matthäus 6,33

Die Praxis der Nächstenliebe

Hege keinen Hass gegenüber deinem Mitmenschen! Wenn du etwas gegen jemanden hast, dann weise ihn offen zurecht, sonst lädst du Schuld auf dich. Räche dich nicht und sei nicht nachtragend! Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst! Ich bin der HERR.
3. Mose 19,17

Gottes Gebot der Nächstenliebe ist also schon im Alten Testament verankert. Wir sollen unseren Mitmenschen nicht in unserem Herzen hassen, wie das hebräische Wort śānē‘ hier übersetzt wird. Es kann in einem weiten Bedeutungsspektrum beschrieben werden und steht für eine negative Einstellung gegenüber anderen, die vom starken Affekt des Hasses bis zu abgeschwächten Formen reicht. Dieses śānē‘ kann auch „nicht leiden können, nicht mögen und jemand meiden“ bedeuten. Und damit müssen wir uns mit diesen Sätzen auseinandersetzen, auch falls wir uns nicht angesprochen fühlen, wenn gleich von Hass die Rede ist.

Kennen wir das nicht alle, dass uns manche Menschen nicht sympathisch sind aus irgendeinem Grund? Er oder sie nimmt sich vielleicht Dinge heraus, die ihm oder ihr sich in unseren Augen nicht zustehen. Wir sagen nichts dazu, sondern fressen den Groll in uns hinein, ohne etwas zu sagen. Im Gespräch mit anderen lassen wir aber durchblicken, dass uns dieser Mensch auf die Nerven geht. Und schnell kann sich daraus eine Art negativer Gemeinschaft herausbilden, die sich ihm gegenüber ausgrenzend verhält. Und genau hier gibt uns der vorliegende Text eine klare Anweisung: Wenn dich etwas stört an einem anderen, sprich es ihm gegenüber offen an, sonst machst du dich schuldig durch deine heimliche Ablehnung, durch deine nachtragenden Art, durch deine Rachegelüste. Trage solche negativen Gefühle nicht mit dir herum und vergifte damit nicht deine Umgebung! Gott ist das ein Gräuel. Er fordert von dir, dass du deine Mitmenschen liebst. Dazu gehört auch, dass du dem anderen die Chance gibst, sich im konkreten Fall zu verteidigen und gegebenenfalls auch zu entschuldigen. So geht Konfliktbewältigung. Dazu braucht es keine schlauen Ratschläge aus der Psychologie, die Bibel reicht dafür allemal.

Das Gleichnis vom Sämann

So hört nun ihr das Gleichnis vom Sämann: Sooft jemand das Wort vom Reich hört und nicht versteht, kommt der Böse und raubt das, was in sein Herz gesät ist. Das ist der, bei dem es an den Weg gestreut war. Auf den felsigen Boden gestreut aber ist es bei dem, der das Wort hört und sogleich mit Freuden aufnimmt; er hat aber keine Wurzel in sich, sondern ist wetterwendisch. Wenn nun Bedrängnis oder Verfolgung entsteht um des Wortes willen, so nimmt er sogleich Anstoß. Unter die Dornen gesät aber ist es bei dem, der das Wort hört, aber die Sorge dieser Weltzeit und der Betrug des Reichtums ersticken das Wort, und es wird unfruchtbar. Auf das gute Erdreich gesät aber ist es bei dem, der das Wort hört und versteht; der bringt dann auch Frucht, und der eine trägt hundertfältig, ein anderer sechzigfältig, ein dritter dreißigfältig.
Matthäus 13,18-23

Einige Anmerkungen zum Gleichnis vom Sämann. Es sollte auch eine Ermutigung für die Jünger sein, wenn sie niedergeschlagen sind, weil das Wort Gottes ohne sichtbaren Erfolg weitergegeben wird. Es werden vier Situationen beschrieben, die mit dem Säen verglichen werden können.

Auf den Weg gestreut: Wenn das Wort gehört, aber nicht verstanden wird, nicht ins Herz fällt. Ich denke hier an Predigten oder Traktate, die man nur konsumiert, ohne das Bedürfnis zu haben, wirklich verstehen zu wollen.

Auf felsigen Boden gestreut: Wenn das Wort mit anfänglicher Begeisterung aufgenommen, aber bei der ersten Bedrängnis wieder fallen gelassen wird. Das muss nicht gleich eine Christenverfolgung sein, es können auch nur Bemerkungen aus dem Bekanntenkreis sein, die entmutigend wirken.

Unter die Dornen gesät: Wenn das Wort auf einen Nährboden fällt, auf dem auch vieles andere, Nichtgeistliche wachsen kann und die wahre Frucht überwuchert. Damit kann die Gier nach Besitz und Ansehen gemeint sein.

Auf guten Boden gesät: Wenn das Wort auf einen Boden fällt, der auf das Wort in der richtigen Weise reagiert und reiche Frucht bringt. Man kann das Wachstum einer Frucht nicht beschleunigen, aber man kann für gute Bedingungen sorgen.

Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.
Johannes 15,8