Hüte dich vor dem Geschwätz

Die unheiligen Altweiberlegenden aber weise ab; dagegen übe dich in der Gottesfurcht!
1. Timotheus 4,7

Soeben habe ich im SW-Radio die heutige Bibelarbeit über 1. Timotheus 4,7-16 gehört. Dieser Abschnitt steht in meiner Studienbibel unter der Überschrift Anweisung für treue Diener Gottes. Der Apostel Paulus gibt in seinem Brief dem jungen Timotheus wichtige Hinweise für seinen Dienst. Allein der obige Satz enthält schon eine Fülle von Ratschlägen, die man aber aufgrund von Übersetzungsschwierigkeiten (hier: Schlachter) überlesen könnte. Da hilft es, der Bedeutung im griechischen Original nachzugehen. Dort ist die Rede von mythos, bebelos und graodes.

mythos: Erzählung, Geschichte, Fabel
bebelos: gottlos, weltlich, heidnisch, böse
graodes: altmodisch, albern, senil

Bei den Griechen war der Mythos nicht negativ besetzt. Mit ihm verbunden sind ganz allgemein Geschichten, die Menschen sich ausdenken und weitererzählen. Sie gehören zum Menschsein und fehlen in keiner Kommunikation. Man hat etwas erlebt und erzählt davon. Selten bleibt es dabei beim reinen, sachlichen Bericht. Fast immer ist auch eine Erklärung, eine Botschaft, eine Spur von Weisheit (logos im Sinne von vernünftiger Rede) enthalten. Allein schon die getroffene Auswahl aus der Fülle des Erlebten kann zu Denken geben. Der Erzähler gibt dann noch einen Kommentar dazu, der den Hörer aufhorchen lässt und ihn zu Zustimmung auffordert. Doch leider sind es nicht immer ernst zu nehmende Erkenntnisse, die vermittelt werden sollen. So wie der junge Mensch mangels Erfahrung zu vorschnellen Urteilen neigt, so läuft der alternde Mensch Gefahr, dass seine Weisheiten durch ständige Wiederholung altmodisch und ewiggestrig sind. Bei genauerem Hinsehen könnte man auch Einblicke in das Weltbild des Erzählers gewinnen und es würde auffallen, wenn er in keiner Weise gläubig ist und in ihm keine göttliche Dimension zu erkennen ist. Wer nur weltliche Gedanken in sich hat, für den haben alle Ereignisse in seinem Leben keine höhere Bedeutung. Was ihm widerfährt, wird eingeordnet in sein pragmatisches Denken, das auf Nützlichkeit und Zweckdienlichkeit beruht. Und genau hierzu gibt Paulus den Rat, sich nicht zu sehr auf solche Erzählungen von Banalitäten einzulassen. Dem Gläubigen eröffnen sich auch Möglichkeiten, dem in seinen weltlichen Geschichten verfangenen Erzähler zu erklären, wie sehr wir doch von der Gnade Gottes abhängig sind.

Die Neue Genfer Übersetzung (siehe unten) vermeidet es, von Altweiberlegenden zu sprechen. Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass alte Frauen den Jüngeren nichts Kluges weitergeben. Das Gegenteil ist dann der Fall, wenn sie aus ihrem reichen Glaubensleben erzählen können.

Mit den unheiligen und kindischen Spekulationen hingegen, mit denen sich jene Leute befassen, sollst du dich nicht abgeben.
1. Timotheus 4,7