Andacht Heute

Reaktionen auf das Böse

Soweit es irgend möglich ist und soweit es auf euch ankommt, lebt mit allen Menschen in Frieden! Rächt euch nicht selbst, ihr Lieben, sondern lasst Raum für den Zorn Gottes! Denn in der Schrift steht: „Es ist meine Sache, das Unrecht zu rächen, sagt der Herr, ich werde Vergeltung üben!“ „Wenn dein Feind hungrig ist, gib ihm zu essen; wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken! Denn wenn du das tust, sammelst du feurige Kohlen auf seinen Kopf. Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse mit dem Guten!“
Römer 12,18-21

Nach Paulus sollten Christen friedensstiftend wirken. Sie stoßen an Grenzen, weil sie es mit heftigen Gegnern zu tun haben können. Wenn sie Unrecht erleben mussten, sollten es ihnen nicht um Rache gehen, weil sie dies getrost dem HERRN überlassen können.

Die Redewendung „feurige Kohlen auf seinen Kopf sammeln“ steht für die Möglichkeit, den Sünder zur Reue zu führen, wenn man ihm Gutes erweist. Im Gegensatz zur Rache kann man ihn durch Verzeihen und Großmut Scham erwecken. Sein Kopf soll erglühen, soll rot werden. Das Böse soll nicht siegen, sondern besiegt werden vom Guten. Mit der Rache gibt man ihm nur neue Nahrung und es käme zu keinem Umdenken beim Aggressor. Er wird neue Gräueltaten damit rechtfertigen können, ohne sein Tun infrage zu stellen. Das heißt aber nicht, dass ein Christ alles Unrecht schweigend hinnehmen muss. Häufig wird die folgende Stelle in der Bergpredigt falsch verstanden, als Aufforderung zur stillen Duldung durch Jesus:

Wenn Dich jemand auf Deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.
Matthäus 5,39

In vielen Kulturen war ein Schlag mit der rechten Rückhand ein Zeichen der Demütigung und Beleidigung. Wer danach demonstrativ die linke Backe anbietet, stellt damit die Frage nach dem Warum dieser Handlung und er gibt zu verstehen, dass hier Unrecht geschieht. Als Christ soll man versuchen, aus der Gewaltspirale zu entkommen, indem wir nicht Böses mit Bösem vergelten. Dies bedeutet aber nicht, dass man das Unrecht nicht ansprechen darf. Es bedeutet auch nicht, dass man ganz auf Selbstverteidigung verzichten muss, seine Familie und den Nächsten bei Bedrohung nicht schützen darf.

Fragen

Freut euch mit denen, die sich freuen; weint mit denen, die weinen! Seid miteinander auf dasselbe Ziel bedacht! Strebt nicht hoch hinaus, sondern lasst euch auch von geringen Dingen in Anspruch nehmen! Haltet euch nicht selbst für klug!
Römer 12,15-17

Jeder einzelne dieser Sätze, die Paulus hier in lockerer Folge formuliert hat, könnte für den Leser der Ausgangspunkt intensiverer Betrachtungen sein. So ergeben sich zum Beispiel Fragen wie diese:

Ist mein Mitgefühl stark genug, dass ich Freud und Leid anderer Menschen angemessen teilen kann? Sind es nicht häufig Neid und Desinteresse, die daran hindern können?

Wenn es um ein gemeinsames Ziel geht, welches könnte es sein? Welchen Beitrag kann ich dafür leisten oder was an meiner Einstellung müsste sich ändern, um dabei voranzukommen?

Wo strebe ich noch zu sehr nach weltlicher Anerkennung? Bin ich mir nicht selten zu schade, mich auch um das Niedrige und Verachtete zu kümmern?

Bin ich nicht manchmal selbstverliebt in meine „klugen“ Gedanken? Merken ich selbst, wo mein Hochmut beginnt?

Denn wenn jemand meint, er sei etwas, obwohl er doch nichts ist, der betrügt sich selbst.
Galater 6,3

Bis hin zur Feindesliebe

Freut euch, weil ihr Hoffnung habt, bleibt standhaft in Bedrängnis, seid andauernd im Gebet! Nehmt Anteil an den Nöten der Gläubigen und helft ihnen! Bemüht euch um Gastfreundschaft! Segnet eure Verfolger, wünscht ihnen Gutes und verflucht sie nicht!
Römer 12,12-14

Der erste Vers wird nicht selten für Trauungen verwendet und einer Ehe vorausgeschickt. Diese Verwendung kann davon ablenken, dass Paulus hier eine wesentlich größere Dimension anspricht als unser persönliches Wohlempfinden in einem neuen Lebensabschnitt. Es geht darum, dass wir unser ganzes Leben ausrichten auf die verheißene Ewigkeit. Dafür haben wir alle Hoffnung, halten Zeiten der Bedrängnis aus und verbleiben im Gebet. Natürlich soll es nicht allein darum gehen, dass ein jeder Gläubige nur seinen persönlichen Heilsweg betrachtet. Wer sich auf eine Bergwanderung begibt, sollte darauf achten, wie es seinen Begleitern geht. Sie brauchen Hilfe und Zuspruch, wenn sie Mühe haben beim Gehen. Gemeinsam will man den Gipfel erreichen, und dazu ist es nötig, sich um die Schwächeren zu kümmern.

In Vers 14 sind mit den Verfolgern all jene gemeint, die Christen verfolgen, auch solche, die über sie lästern. Statt einen Fluch über sie zu bringen, also göttliche Strafen auf sie ziehen wollen, sollten wir um Segen für sie bitten. Paulus war nicht selten Verfolgungen ausgesetzt, sein Leben war häufig in größter Gefahr. Dennoch belegte er auch in größter Not seine Peiniger nicht mit einem Fluch, sondern versuchte sie, zur Buße zu bewegen.

Aber ich sage euch, die ihr zuhört: Liebt eure Feinde; tut wohl denen, die euch hassen; segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen.
Lukas 6,27-28