Falsche Demut

Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst, und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.
Philipper 2,3-4

Der Journalist Henryk M. Broder sprach in einer Polemik von der „Arroganz der Demut“, die gerade wir Deutschen bei jeder Gelegenheit an den Tag legten. Er meint damit unsere Neigung zur Selbstverachtung, zur Selbstherabsetzung oder Selbstverurteilung. Sie sei aus unserem Bestreben erwachsen, unsere historische Schuld demonstrativ einzugestehen, auch da wo andere dies gar nicht von uns erwarten. Wir legen eine Demut an den Tag, die andere Nationen beeindrucken soll. Der Jude Broder hat sich mehrfach mokiert über unsere Anhäufung von Holocaust-Mahnmalen und den damit verbundenen Gedenkfeiern, wobei allzu häufig über den offenen Antisemitismus der Israelfeinde in unserem Lande geschwiegen wird.

Auch in christlichen Gemeinden gibt es das: die zur Schau gestellte Demut, wenn Menschen sich öffentlich als Sünder anklagen, wenn sie demonstrativ bekennen, wie schwach sie sind. Wenn sie so tun, als würden sie nichts von sich halten, aber gerade mit dieser Einstellung andere in den Schatten stellen wollen. Im Englischen gibt es die Wendung „Fishing for Compliments“, mit dem das Herauslocken einer positiven Reaktion, eines Lobes durch auffallend bescheidene Selbstdarstellung gemeint ist. Wir sind alle nicht gefeit vor dieser verkappten Eitelkeit. In der Bibel steht nicht, dass wir demütig vor den Menschen sein und uns in Selbstverachtung ergehen sollen. Unsere Demut muss allein Gott gelten. IHM haben wir alles zu verdanken, IHM sollten wir uns unterstellen.

Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Micha 6,8