Andacht Heute

Das Geschenk der Erkenntnis

Es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den HERRN«, denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der HERR.
Jeremia 31,34

Der Prophet verweist im Kapitel 31 auf den Neuen Bund, der in Zukunft mit dem dem Sohn Gottes geschlossen werden wird. Sein Leben und Sterben ist so beispielgebend, dass es keiner weiteren Unterweisung durch Menschen bedarf. Wir finden hier eine frühe Warnung vor Verführern, die bis in die heutige Zeit ihre Heilslehren in Religionen und in der Politik verkünden. Immer geht es darum, dass sich der Mensch selbst befreien und die Übel der Welt alleine beseitigen kann, wenn er zur richtigen Erkenntnis kommt.

Auch den Gnostikern ging es um Erkenntnis (griechisch: gnosis). Durch sie könne sich der Mensch selbst erlösen. Sie entwickelten im 2. und 3. Jahrhundert nach Chr. eine Lehre, wonach es einen bösen Schöpfergott (Demiurg) geben würde, der die Materie erschaffen hätte. Hinter allem gäbe es aber einen reinen, vollkommenen, geistigen Gott, den Menschen durch spirituelle Erfahrungen erkennen könnten. Deshalb lehnen Gnostiker jede Form von Materie ab, auch die Fleischwerdung Jesu gehört dazu. Natürlich handelt es sich hier um eine Irrlehre. Schon Paulus warnte Timotheus vor dem wachsenden Einfluss dieser Lehrer:

Lieber Timotheus, bewahre, was dir anvertraut ist, indem du das gottlose Geschwätz gewisser Leute und die fragwürdigen Behauptungen einer fälschlich so genannten Erkenntnis meidest.
Timotheus 6,20

Die Erkenntnis, welche die Bibel lehrt, ist fundamental anders. Sie ist intellektuell durch das Wissen der Wahrheit über Gott, wie sie in der Bibel erklärt wird. Sie ist eng verbunden mit unserem Willen, indem man Gott vertraut, IHM gehorcht und IHM dient. Und sie hat auch eine ethische Dimension, weil man sich aufgrund dieses Wissens gerecht und liebend verhält. Man benötigt dazu keine mystischen Erfahrungen, Askese oder Ausschweifungen wie die Gnostiker dies praktizieren. Wir müssen nur erkennen, dass wir uns diese Erkenntnis nicht durch jahrelange Mühe selbst erarbeiten können; sie wird uns durch Gott geschenkt. Jesus Christus ist der große Vermittler. Unsere Erkenntnis zeigt sich im Glauben an IHN.

Das neue Leben – ein Lernprozess

Ihr dagegen werdet im Geist und im Denken erneuert, da ihr ja den neuen Menschen angezogen habt, den Gott nach seinem Bild erschuf und der von wirklicher Gerechtigkeit und Heiligkeit bestimmt ist.
Epheser 4,23-24

Wer sich geistig erneuern lassen und den neuen Menschen anziehen will, muss sich erst mal klar darüber werden, wie die alte Identität aussieht. So wie die Epheser in einem heidnischen Kult der Artemis gelebt haben, so sind wir heute in einer Gesellschaft, die durch ihre Gottferne gekennzeichnet ist. Auch der Gläubige ist ständig versucht, seine Ziele und Motivation von dieser „heidnischen“ Welt bestimmen zu lassen. Prestige, Menschenehre, Reichtum, Macht werden ihm von den Medien als erstrebenswert vorgegaukelt. Da auf diesem Weg keine echte Befriedigung zu erlangen ist, müssen alle versprochenen Genüsse weiter gesteigert werden. Paulus erklärt den Ephesern, dass es notwendig ist, sich von diesem alten Leben abzuwenden.

Ich muss euch nun Folgendes sagen und ermahne euch im Auftrag des Herrn: Ihr dürft nicht mehr so leben wie die Menschen, die Gott nicht kennen. Ihr Leben und Denken ist von Nichtigkeiten bestimmt, und in ihrem Verstand ist es finster, weil sie vom Leben mit Gott ausgeschlossen sind. Das kommt von der Unwissenheit, in der sie befangen sind, und von ihrem verstockten Herzen. So sind sie in ihrem Gewissen abgestumpft und haben sich ungezügelten Lüsten hingegeben, sind unersättlich in sexueller Unmoral und Habgier.
Epheser 4, 17-19

Diese alte Identität abzulegen geht aber nicht allein durch Bewusstmachung und durch ständige Selbstkontrolle. Deshalb gibt Paulus den entscheidenden Hinweis:

Aber ihr habt gelernt, dass so etwas mit Christus nichts zu tun hat.
Epheser 4,20

Es ist also ein Lernprozess, bei dem wir nicht auf einen Schlag, sondern Schritt für Schritt erneuert werden. Es bedarf zunächst einer grundlegenden Bekehrung, die aber tägliche Erneuerungen zur Folge hat. Durch Bibellese, Austausch mit anderen Gläubigen und Beten wird dieses Lernen entscheidend unterstützt. Wir dürfen uns dabei auf die gütige Mithilfe des Heiligen Geistes verlassen. Trotz allen Lernens werden wir kein völlig sündloses Leben führen können. Wir bleiben Sünder bis zum Tod. Nur langsam werden wir uns darüber bewusst, was alles zu den Sünden zählt. So ist gehört auch Angst dazu, weil sie einen Mangel an Gottvertrauen zeigt. Abfälliges Gerede über andere ist schwer abzulegen und entspringt meist aus Neid. Die Liste unserer Sünden ist lange, unsere Schuld ist groß. Paulus weist den einzigen Weg aus dieser Not, indem er uns darauf verweist, uns mit Jesus zu vereinigen und mit seiner Kraft ein neues Leben zu beginnen.

Weit mehr als nur eine Phrase

Ich will die Blinden auf einem Weg führen, den sie nicht kennen, und auf Pfaden leiten, die ihnen unbekannt sind; ich werde die Finsternis vor ihnen zum Licht machen und das Hügelige zur Ebene. Diese Worte werde ich erfüllen und nicht davon lassen. Es sollen zurückweichen und tief beschämt werden, die auf Götzen vertrauen und zu gegossenen Bildern sagen: Ihr seid unsere Götter!
Jesaja 42,16

„Mit Blindheit geschlagen sein“ ist eine Redewendung mit der Bedeutung: Etwas Wichtiges nicht erkennen wollen. Heute wird sie verwendet, um zum Ausdruck zu bringen, keine Wahrnehmungsfähigkeit zu besitzen gegenüber gesellschaftlichen Zusammenhängen, Geschäftsinteressen, Problemen in der Partnerschaft und vielem anderem. Ursprünglich war dieser Gemeinplatz aber ein Ausdruck für die Blindheit dem christlichen Glauben gegenüber.

Gott, der lange geschwiegen hatte, brach sein Schweigen und sprach über den Propheten Jesaja zum Volk Israel. Sein Verhalten war beklagenswert, weil es immer anfällig für fremde Götter war, aber ignorant gegenüber dem einen, wahren Gott. IHM gegenüber verhielt man sich blind und taub. Gott ließ die Israeliten wissen, dass ER nicht davon ablassen werde, sie weiter zu führen, auch wenn sie dies nicht erkennen wollten. Ihr Weg wird sie aus der Dunkelheit zum Licht führen, auch wenn sie sich weigerten, die Hand Gottes in ihrer Geschichte zu sehen.

Wer hat Jakob der Plünderung preisgegeben und Israel den Räubern? Nicht der HERR, gegen den wir gesündigt haben? Und sie wollten nicht auf seinen Wegen gehen und hörten nicht auf sein Gesetz. Da hat er die Glut seines Zornes und die Gewalt des Krieges über es ausgegossen. Und er hat es ringsum versengt, aber es kommt nicht zur Erkenntnis, und er hat es in Brand gesteckt, aber es nimmt es nicht zu Herzen.
Jesaja 42,24-25

Gott hat die Israeliten mit furchtbaren Schrecknissen überzogen, doch viele von ihnen blieben blind und taub. Sie sahen in all dem, was ihnen widerfuhr keinen Zusammenhang. So kann man auch heute hören, dass Leute angesichts des Ukrainekriegs sagen: „Wie kann es einen Gott geben, der so etwas zulässt?“ Sie wissen nicht im Mindesten, was alles in Gottes Macht liegt. ER könnte freilich mit einem Schlag alles Morden beenden. Das wird auch einmal geschehen, wir wissen nur nicht, wann das sein wird. Bis es dazu kommt, mögen noch so viele Menschen wie möglich, die Allmacht Gottes anerkennen und IHN verherrlichen. Seiner Gnade haben wir es zu verdanken, dass nicht nur das Volk Israel, sondern jeder errettet wird, der sich zu seinem Sohn bekennt.

Wenn ihr aber hören werdet von Kriegen und Unruhen, so entsetzt euch nicht. Denn das muss zuvor geschehen; aber das Ende ist noch nicht so bald da.
Lukas 21,9