Andacht Heute

Ein abwegiger Kommentar

Das in der guten Erde aber sind die, welche in einem redlichen und guten Herzen das Wort, nachdem sie es gehört haben, bewahren und Frucht bringen mit Ausharren.
Lukas 8,15

In einem Gleichnis erzählt Jesus von einem Sämann, der seinen Samen auf verschiedene Böden sät: Weg, Felsen, Dornen und gute Erde. Jeder Boden steht dabei für eine bestimmte Art, wie Menschen das Wort Gottes aufnehmen. Manche hören es, aber es dringt nicht ein. Andere nehmen es an, verlieren es aber wieder durch Sorgen oder Versuchungen. Nur im guten Boden bringt es Frucht. Der gute Boden steht für ein offenes, aufnahmefähiges Herz, das sich in Geduld übt und hoffnungsfroh das Ergebnis abwartet.

Das Gleichnis ist nicht schwer zu verstehen. Mit einiger Verwunderung lese ich dann aber in einem Kommentar das Folgende:

„Mehr noch als die Beschreibung des uneinheitlichen Aufgehens der Guten Botschaft, zwingt das Gleichnis vom Sämann den Zuhörer, sich die Frage zu stellen: ‚Was für ein Boden bin ich? Wie kann ich mein Herz und meinen Verstand darauf vorbereiten, die richtige Art von Boden zu sein?‘ Dieses Gleichnis lädt zum Handeln ein, damit wir das Wort Gottes zum vollen Nutzen empfangen.“

Oh je, was ist da passiert? Offensichtlich stört diesen Kommentator die Inaktivität des „Ausharrens”. Passt es aber zum Bild, wenn er dem Landmann empfiehlt, nicht geduldig auf die Früchte zu warten, sondern zu „handeln”? Er solle wohl den vorhandenen Boden während der Wachstumsphase nochmals umackern und mit Kunstdünger anreichern, weil er ins Zweifeln gekommen ist und das Gefühl hat, dass er nicht genügen könnte? Damit wird einem Leistungschristentum das Wort geredet, das im Widerspruch zu dem steht, was Jesus im Gleichnis aussagen wollte. Hier geht es nicht um Selbstoptimierung durch noch mehr Vorbereitung meines Herzens und meines Verstandes. Mit Aktivismus würde ich nur den Reifeprozess unterbrechen. Ich bin nun mal so, wie ich bin, und Gott liebt mich auch in meiner Schwachheit. Und nur ER allein bringt die Frucht in mir hervor. Vertrauen wir ganz auf ihn.

Sinnlose Anstrengungen

Alle sind schuldig geworden und spiegeln nicht mehr die Herrlichkeit wider, die Gott dem Menschen ursprünglich verliehen hatte. Aber was sich keiner verdienen kann, schenkt Gott in seiner Güte: Er nimmt uns an, weil Jesus Christus uns erlöst hat.
Römer 3,23-24

Paulus sagt uns ganz deutlich, dass wir uns die Erlösung, die Gott uns in seiner Gnade schenkt, nicht verdienen können. Wir können uns selbst nicht erlösen. Egal, was wir tun, um Gott zu beeindrucken – es wird nicht funktionieren. Ich könnte hier so einiges aufzählen: Menschen wollen uns mit endlosen Predigten dazu bewegen, ein gutes Leben zu führen, oder sie möchten uns dazu anspornen, klimagerecht zu handeln. Es ist immer ein hoher menschlicher Aufwand, den man betreibt, um den eigenen Wunschvorstellungen, ein vorbildlicher Christ zu sein, gerecht zu werden. Es ist viel einfacher, wenn wir akzeptieren, dass wir im Glauben von der gütigen Hand Gottes aufgefangen werden. Dann müssen wir uns nicht ständig abrackern, um den Forderungen des Zeitgeistes nachzukommen, die so christlich daherkommen. Wir sollten das Geschenk Gottes annehmen und uns darüber freuen. Das macht uns zu freien, bestens behüteten Schafen eines wohlwollenden Hirten.

Erkennt, dass der HERR allein Gott ist! Er hat uns geschaffen, wir gehören ihm! Wir sind sein Volk, das er umsorgt wie ein Hirte seine Herde.
Psalm 100,3

Wenn Freiheit wieder zur Pflicht wird

Denn wenn jemand mit Christus verbunden ist, hat weder die Beschneidung noch das Unbeschnittensein irgendeinen Wert. Das Einzige, was zählt, ist der Glaube, der sich in Liebe auswirkt.
Galater 5,6

In der Neuen Evangelistischen Übersetzung kommt die paulinische Auffassung von echtem Glauben zum Ausdruck. Dieser bedarf keiner Äußerlichkeiten mehr, wie etwa der Beschneidung, und er wird sich in Liebe auswirken. Als Christ muss ich mir also keinen Ruck geben, um tätig zu werden. Die Liebe hat mich aufgrund der Gnade Gottes ergriffen und wird mein weiteres Tun lenken. Seit Luther sollte dies jedem evangelischen Christen einleuchten.

Was ist jedoch von der Neuen Genfer Übersetzung zu halten, in der von einem Glauben die Rede ist, „der sich durch tatkräftige Liebe als echt erweist”? Sind wir da nicht wieder beim Leistungsgedanken angelangt? Besteht bei dieser Betonung der praktischen Seite des Glaubens nicht die Gefahr, dass gerade an kirchlichen Feiertagen von den Kanzeln an die Gläubigen appelliert wird, sich noch mehr einzusetzen, sei es durch Spenden, die Gewährung von Hilfe für Notleidende oder Verständnis für Flüchtlinge? Vergessen wir nicht, dass uns der Glaube durch die Gnade Gottes geschenkt wurde. Gnade kommt von gratia, wir kennen dies von gratis, also kostenlos, ein Geschenk. Und dieses Geschenk ist nicht mit Bedingungen verknüpft. Die paulinische Befreiung wird zwar als Freiheit „vom Gesetz” (von der Beschneidung) anerkannt, aber gleich wieder mit der Aufforderung zur Tat gepredigt und damit zu einer neuen Unfreiheit. So werden unsere christlichen Feiertage dann für gesellschaftliche Appelle an unsere Bereitschaft zur Hilfe, zum Spenden und zur politischen Aktivität genutzt, statt freie Räume für die Hinwendung zu Gott zu schaffen.

Christus hat uns befreit, damit wir auch in Freiheit leben! Bleibt also standhaft und lasst euch nicht wieder einspannen in ‚das alte‘ Sklavenjoch!
Galater 5,1