Andacht Heute

Die Gefahr der Ruhmsucht

Lasst uns nicht nach leerem Ruhm streben, einander nicht herausfordern noch einander beneiden!
Galater 5,26

Das übertriebene Streben nach Ruhm, auch Ruhmsucht genannt, ist auch für Christen immer eine Versuchung gewesen. Demgegenüber stehen Demut und Bescheidenheit. Johannes Cassian (330-435) machte sich dazu seine Gedanken über das Klosterleben: „Wenn der Mönch offen fastet, wird er von der eitlen Ruhmsucht geplagt… Um nicht davon angesteckt zu werden, vermeidet er es, in Gegenwart der Brüder lange Gebete zu verrichten.“. Waren damals selbst Mönche nicht vor Ruhmsucht gefeit, so können wir heute dieses Fehlverhalten in Massen beobachten. Zeitungen, Fernsehen und Internet sind voll davon. Die Eitlen, Reichen und Schönen praktizieren diese Sucht schamlos, selten wird sie als krankhaft bezeichnet. Psychologen verwenden jedoch den Begriff „narzisstische Persönlichkeitsstörung“ für ein auffallend ruhmsüchtiges, arrogantes Verhalten. Interessant ist, dass man in diesem Zusammenhang auch von Paradoxiesucht die Rede ist, also dem immer dringenden Bedürfnis, durch etwas Außergewöhnliches, auch Seltsames zu glänzen. Man spricht dann von Sonderlingssucht und Seltsamkeitsfieber. Solche Menschen sind so gestrickt, dass sie sich selbst gegen unumstößliche Wahrheiten wehren, weil sie einen Hang zum Unglaublichen haben. Nur was kaum zu glauben ist, ist für sie auch interessant. Das würde erklären, warum viele Esoteriker die Nase rümpfen, wenn man sie mit den Grundbotschaften des Glaubens konfrontiert. Weil sie einen Hang zum Merkwürdigen, Unheimlichen und zu Sonderlichkeiten haben, ist ihnen die Heilsgeschichte zu klar und einfach. Dieser Wahrheit müssten sie sich in Demut unterwerfen, da geben sie sich lieber ihrem Streben nach Ruhm hin.

„Gut, dass ich nicht so bin wie diese Ruhmsüchtigen“, könnten wir jetzt sagen. Aber das Wort aus dem Paulusbrief gilt jedem von uns. Wir müssen ehrlich zu uns sein. HERR, lass mich erkennen, wo ich meine Eitelkeiten pflege, damit ich mich ändern kann!

Wer wird am Ende der Dumme sein?

Denn obwohl sich seine Weisheit in der ganzen Schöpfung zeigt, hat ihn die Welt mit ihrer Weisheit nicht erkannt. Deshalb hat er beschlossen, eine scheinbar unsinnige Botschaft verkünden zu lassen, um die zu retten, die daran glauben.
1. Korinther 1,21

    Ohne die Philosophie und ihre Geschichte insgesamt abwerten zu wollen, ist es doch erstaunlich, was Menschen im Laufe der Zeit alles vertreten und geglaubt haben. Es gab Menschen, die allen Ernstes behaupteten, außer ihnen selbst und ihrem Bewusstsein gäbe es nichts, die Außenwelt sei nur eine Einbildung. Andere glaubten, dass unser Leben keinerlei Sinn habe und lehnten alle moralischen und sozialen Normen ab. Wieder andere sagten, es gäbe keinen freien Willen, alle unsere Handlungen seien vorherbestimmt. Nicht wenige stehen auch heute noch unter dem Einfluss des Dekonstruktivismus, der bewährte Gegensätze (z.B. Mann und Frau) und jede Eindeutigkeit von Aussagen als willkürliches Konstrukt in Frage stellt.

    Wer heute als Christ die einfache Wahrheit verkündet, dass es einen Gott gibt, der uns alle geschaffen hat und der uns in seiner grenzenlosen Liebe durch Jesus Christus einen Weg zum ewigen Leben anbietet, dem wird es so gehen, wie es im Korintherbrief beschrieben wird: Er wird der Verkünder einer Botschaft sein, die für viele scheinbar unsinnig ist. Aber machen wir uns nichts daraus, es kann nicht anders sein, denn die Weisheit der Welt unterscheidet sich fundamental von der Weisheit Gottes. Auch wenn wir beschimpft, verspottet und sogar verfolgt werden, erfüllen wir den Auftrag unseres Herrn, der immer an unserer Seite ist.

    „Ich sage euch: Am Tag des Gerichts werden die Menschen Rechenschaft ablegen müssen über jedes unnütze Wort, das sie geredet haben. Denn aufgrund deiner Worte wirst du freigesprochen werden, und aufgrund deiner Worte wirst du verurteilt werden.“
    Matthäus 12,36-37

    Erfüllt werden geht über Einteilen hinaus

    Ja, ich bete darum, dass ihr seine Liebe versteht, die doch weit über alles Verstehen hinausreicht, und dass ihr auf diese Weise mehr und mehr mit der ganzen Fülle des Lebens erfüllt werdet, das bei Gott zu finden ist.
    Epheser 3,19

    Der von mir sehr geschätzte, inzwischen emeritierte Professor für Neuere deutsche Literaturgeschichte Albert Meier hat in einem kurzen Aufsatz zur Problematik der Epocheneinteilung eine bedenkenswerte Feststellung formuliert. Um überhaupt „vernünftig darüber reden“ zu können, brauche es Begriffe wie Klassik und Romantik. Diese Schematisierungen sind unverzichtbar, bedürfen aber der ständigen Selbstkontrolle im Hinblick auf den jeweiligen Zweck und dürfen nicht dazu verleiten, die Besonderheiten des vorliegenden Textes aus den Augen zu verlieren. Dies sollte uns auch eine Mahnung sein, wenn wir uns mit dem Wort der Bibel beschäftigen.

    Bei der Auslegung eines einzelnen Textes geraten wir leicht in die Gefahr, alles auf systematisch-theologische Fachbegriffe (wie Rechtfertigung, Prädestination, Gnadenzeit und andere) reduzieren zu wollen und dabei allzu leicht in dogmatische Festlegungen und Urteile zu verfallen. Dabei wird dem einzelnen Text nicht selten Gewalt angetan, so wie eine wunderschöne Pflanze schnell von der Hand eines unsensiblen Botanikers zerrissen wird, der kein Auge mehr für ihre besondere Ästhetik hat und beim Sezieren nur noch sein Schema im Kopf hat. Noch einmal: Ohne Begriffe geht es nicht, aber sie dürfen nicht zum Selbstzweck werden und unsere Aufmerksamkeit einengen. Wenn wir das Wort Gottes in seiner ganzen Vielfalt wahrnehmen, wird es auch in unser Herz fallen und wir werden „mehr und mehr mit der ganzen Fülle des Lebens erfüllt werden“.