Andacht Heute

Ein Geschenk von Gott

Alles erträgt sie, in jeder Lage glaubt sie, immer hofft sie, allem hält sie stand.
1. Korinther 13,7

    Für diesen Aspekt der Liebe, den Paulus hier beschreibt, fällt mir ein Begriff aus der Psychologie ein: Belastbarkeit. Damit werden Ressourcen bezeichnet, „die eine Person mobilisieren kann, um auf objektiv einwirkende Stressoren reagieren zu können“ (Wikipedia). Die Fähigkeit, sie zu nutzen, wird auch als Resilienz (lat. resilire: zurückspringen, abprallen, nicht anhaften) bezeichnet. Das Gegenteil von Belastbarkeit ist Verwundbarkeit.

    Die Psychologie kann helfen, menschliche Verhaltensmuster zu beschreiben, darüber zu sprechen und Wege zu finden, mit Störungen besser umzugehen. Aber sie ist selbst keine Kraftquelle. Ein Psychologe ist kein Seelsorger. Das einzige, was unsere Seele umfassend stärken kann, ist unser Glaube an den einen Gott. Wer sich ihm anvertraut, kann auch schwierigste Situationen durchstehen. Er kann wanken, aber er wird nie fallen.

    Am Ende unserer Betrachtung der vier Verse aus dem Korintherbrief (1 Kor 13,4-7) haben wir gesehen, was die Liebe alles umfasst. Paulus hat sie in einer Weise beschrieben, die aus dem Leben gegriffen ist. Er spricht nicht von großen Gefühlen, wenn es um die Liebe geht. Sie werden zwar nicht ausgeschlossen, sind aber nicht die Hauptbedingung für die Liebe, weil sie trügerisch sein können. Glaube, Liebe, Hoffnung bilden dagegen eine tragfähige Einheit. Alles ist ein einziges Geschenk. Wir dürfen es erbitten und dem HERRN dafür danken.

    Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.
    1. Johannes 4,16

      Nicht zutreffend, oder doch?

      Die Liebe freut sich nicht, wenn Unrecht geschieht, aber wo die Wahrheit siegt, freut sie sich mit.
      1. Korinther 13,6

      Beim heutigen Vers über die Liebe könnte man sich fragen, was Paulus damit meint. Wie kommt er darauf, dass wir, die wir uns für „gute Christen“ halten, uns über das Unrecht in der Welt freuen könnten? Geht das nicht zu weit und trifft das überhaupt auf uns zu? Jedenfalls haben wir mit einer solchen Aussage zumindest ein Verständnisproblem.

      Wie gut, dass es in vielen Bibeln Parallelstellen am Rand gibt, die uns weiterhelfen. In meiner Genfer Studienbibel steht Römer 1,32:
      Und obwohl sie genau wissen, dass die, die so handeln, nach Gottes gerechtem Urteil den Tod verdienen, lassen sie sich nicht von ihrem Tun abbringen, im Gegenteil, sie finden es sogar noch gut, wenn andere genauso verkehrt handeln wie sie.

      Hier kommt dieses lieblose Verhalten also noch einmal zur Sprache und macht uns neugierig, was mit diesem Handeln, das zum Tode führt, gemeint ist. In den Versen davor (Römer 1,29-31) wird es sehr deutlich beschrieben:

      Es gibt keine Art von Unrecht, Bosheit, Gier oder Gemeinheit, die bei ihnen nicht zu finden ist. Ihr Leben ist voll von Neid, Mord, Streit, Betrug und Hinterhältigkeit. Sie reden abfällig über ihre Mitmenschen und verleumden sie. Gottesverächter sind sie, gewalttätige, arrogante und großtuerische Menschen, erfinderisch, wenn es darum geht, Böses zu tun. Sie gehorchen ihren Eltern nicht und sind unbelehrbar, gewissenlos, gefühllos und unbarmherzig. Und obwohl sie genau wissen, dass die, die so handeln, nach Gottes gerechtem Urteil den Tod verdienen, lassen sie sich nicht von ihrem Tun abbringen, im Gegenteil, sie finden es sogar noch gut, wenn andere genauso verkehrt handeln wie sie.

      Da findet sich also ein ganzer Katalog unrechten Verhaltens. Und es ist auch keineswegs eine Abstufung von schwersten Vergehen hinab zu eher leichteren erkennbar. Wir hätten es vielleicht gerne, aber kein einziges davon ist vor Gott entschuldbar. Alle führen sie ungesühnt zum Tod. Und wer sich gewundert hat, dass Paulus davon spricht, dass es eine Freude über das Unrecht geben soll, und er sich das bei sich selbst nicht vorstellen konnte, der sollte über den Satz nachdenken: „Sie reden abfällig über ihre Mitmenschen und verleumden sie“. Kam da nicht auch schon mal zumindest klammheimlich bei ihm Freude auf, wenn er dabei war, als über einen Nachbarn getratscht wurde?

      Weitere Schwachstellen

      Sie verhält sich nicht taktlos, sie sucht nicht den eigenen Vorteil, sie verliert nicht die Beherrschung, sie trägt keinem etwas nach.
      1. Korinther 13,5

      Im gestrigen Vers (13,4) ging es um Geduld und Freundlichkeit als Kennzeichen der Liebe und um die Vermeidung von Neid und Prahlerei. Heute sind es weitere vier Merkmale, an denen wir erkennen können, wenn es uns an Liebe fehlt. Es beginnt mit unserem Benehmen, mit der Höflichkeit gegenüber anderen. Es gibt fast täglich Gelegenheiten, sich hierin zu üben. Beispiele: Einem, der sich nur schwer ausdrücken kann, geduldig zuhören und ihm nicht ins Wort fallen. An der Supermarktkasse jemanden vorlassen, der es offensichtlich eilig hat. Bei Verabredungen pünktlich sein und andere nicht warten lassen. Es gäbe noch viele weitere Beispiele, ein weites Übungsfeld und kaum jemand hat hier nicht seine Schwächen.

      Ein Hindernis für gutes Benehmen ist auch die Versuchung, den eigenen Vorteil ausspielen zu wollen. Als Verkäufer einer Sache liegt es oft nahe, einen Nachteil zu vertuschen und zu verschleiern. Das ist aber weder fair, schon gar nicht hat es etwas mit liebevollem Verhalten zu tun, auch wenn es im Geschäftsleben üblich ist. Wer in Auseinandersetzungen häufig die Beherrschung verliert, kann sich nicht auf sein Temperament herausreden. Er hat damit vielleicht kurzfristige Erfolge erzielt, weil er andere einschüchtern konnte, aber Zorn und Wut sind das Gegenteil von liebevollem Verhalten. Gerade als Christ hat man auch eine Vorbildfunktion und sollte sich hier zurücknehmen. Ich gebe zu, das ist nicht immer leicht. Ein weiteres großes Hindernis für die Liebe ist die Neigung, nachtragend und verbittert zu sein. Auch hier ist es schwer, sein Verhalten zu ändern, vor allem, wenn man unsere Würde verletzt hat, unser Vertrauen missbraucht wurde und wir uns ungerecht behandelt fühlen.

      Ein großes Problemfeld tut sich auch im zweiten Vers des Korintherbriefes über die Liebe auf. Niemand kann von sich behaupten, hier alles im Griff zu haben. Umso mehr brauchen wir Gottes Beistand. Im Gebet können wir darum bitten, dass unsere Schwächen in liebevolles Verhalten umgewandelt werden.

      Wascht euch, reinigt euch! Schafft mir eure bösen Taten aus den Augen, hört auf, Böses zu tun!
      Jesaja 1,16