Andacht Heute

Leben aus dem Weinstock

Bleibt fest mit mir verbunden, und ich werde ebenso mit euch verbunden bleiben! Denn eine Rebe kann nicht aus sich selbst heraus Früchte tragen, sondern nur, wenn sie am Weinstock hängt. Ebenso werdet auch ihr nur Frucht bringen, wenn ihr mit mir verbunden bleibt.
Johannes 15,4

Der heutige Vers ist an sich schon klar und verständlich genug und benötigt im Grunde keine Erklärung. Wir könnten uns jedoch Gedanken darüber machen, wie dieses „Bleiben in Jesus” aussehen könnte. Wenn es nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, bleibt die Frage: Was heißt das für jeden von uns? Wie pflege ich die Verbindung zu Christus im Alltag?

Vielleicht hilft uns folgende Überlegung weiter: „Bleiben” dürfen wir nicht passiv auffassen, sondern als Wechselwirkung zwischen Empfangen und Weitergeben, so wie der Saft vom Weinstock und der Rebe weiterfließt, damit sie am Ende geerntet werden können. Die Frucht kann nur wachsen,

  • wenn wir geduldig sind und nicht vorschnell Ergebnisse erwarten.
  • Wenn wir die Hoffnung niemals aufgeben und auch in dunklen Zeiten auf Gott vertrauen.
  • Wenn wir nicht impulsiv, sondern besonnen handeln, um weise Entscheidungen zu treffen.
  • Wenn wir durch unseren Glauben auf das Wirken Gottes vertrauen, auch wenn es nicht sichtbar ist.

Wir dürfen nicht vergessen, dass Frucht nicht durch frommes Bemühen entstehen kann, sondern nur durch eine innige Beziehung zu Christus. Am Ende zeigt sie durch ihre Pracht, dass über einen langen Prozess der Reife der Lebenssaft geflossen ist.

Nahrhafte geistliche Happen

Warum gebt ihr euer sauer verdientes Geld aus für Brot, das nichts taugt, und für Nahrung, die euch nicht sättigt? Hört doch auf mich und tut, was ich sage, dann habt ihr es gut! Ihr dürft köstliche Speisen genießen und euch daran satt essen. 
Jesaja 55,2

Im heutigen Vers geht es um geistige Nahrung. Sie sollte uns sättigen. Wie sieht Nahrung aus, die uns nicht satt macht? Dazu fallen mir Beiträge in Andachten und Predigten ein, die wie eine süßlich Beruhigung klingen, z.B. „Gott hat einen Plan für dich.“. Man wüsste aber gerne Konkreteres. Da wird theologische Fachsprache benutzt ohne sie zu übersetzen wie „eschatologische Implikationen“. Was nützen uns tiefgehende Gedanken, wenn wir sie nicht verstehen können? In anderen Fällen werden wir überflutet mit Bibelversen. Wo bleibt hier der Raum und die Zeit zum Verdauen? Und es gibt auch die überlangen Predigten ohne klare Struktur mit endlosen Wiederholungen. Das ist geistliche Völlerei ohne echten Nährwert.

Luther war kein Freund von langatmigen, schwer verständlichen Predigten: „Die Predigt soll kurz sein, kräftig und auf das Herz zielen.“ Er wusste, dass die Aufmerksamkeit der Hörer kostbar ist und geistliche Nahrung bekömmlich sein muss. Es ging ihm nicht um Quantität, sondern um Qualität: „Ein Prediger soll nicht viel sagen, sondern das Rechte.“ Seine Maxime war: „Man soll dem Volk aufs Maul schauen.“ Lebensnähe, Klarheit in der Aussage und dargereicht in einer für alle verständlichen Form ergeben eine feste Kost, die wirklich sättigt.

Nutzt mehrere Bibelübersetzungen

Heute möchte ich einen Vers anhand unterschiedlicher Übersetzungen betrachten. Zunächst die Lutherbibel 2017:

Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind, und kauft die Zeit aus.
Kolosser 4,5

Hier stellen sich gleich zwei Fragen.

  1. Wer ist mit „denen, die draußen sind” gemeint?
  2. Wie kann man „die Zeit auskaufen”?

Wandelt in Weisheit gegenüber denen, die draußen sind, kauft die ⟨rechte⟩ Zeit aus!
(Elberfelder Übersetzung)

Auch hier stellen sich wieder die beiden offenen Fragen von oben. Zudem wirkt die Wendung „in Weisheit wandeln” recht altmodisch und gestelzt. Beim Einschub in der Klammer „rechte” frage ich mich, ob es auch eine „falsche” Zeit geben kann, die man auskaufen kann.

Verhaltet euch weise und besonnen denen gegenüber, die keine Christen sind. Macht das Beste aus der Zeit, die euch geschenkt ist!
(Hoffnung für Alle)

Hier werden die offenen Fragen, die in den ersten Übersetzung im Raum stehen bleiben, meines Erachtens gut erklärt. Dadurch können wir uns besser vorstellen, was mit weisem Handeln gemeint ist. Es wird auch geklärt, dass mit „denen da draußen“ die Nichtchristen gemeint sind. Und auch der nicht mehr geläufige Begriff „die Zeit aufkaufen“ wird sehr gut erläutert. Weisheit und Besonnenheit im Umgang mit Nichtchristen kann heißen, einfühlsam zu sein und nicht besserwissend. Wir sollten besonnen sein und nicht vorschnell urteilen. Was den Umgang mit der Zeit betrifft, dann tut die Erinnerung gut, dass uns die Zeit geschenkt wurde und wir sie nutzen sollten. Der Alltag ist voller kleiner Momente, in denen der Glaube sichtbar werden kann – durch ein gutes Wort, eine helfende Hand, ein stilles Gebet.

Für mich bleiben die Erkenntnisse: Es gibt Übersetzungen, die sehr nah am Urtext bleiben, aber leider auch so manche Frage aufwerfen. Hier besteht die Gefahr, dass einfach so dahingelesen und vieles nicht verstanden wird. Deshalb ist der Vergleich der sehr wortgetreuen Übersetzungen wie die Elberfelder und die Schlachter mit erläuternden Übersetzungen wie die Hoffnung für Alle oder die Neue Genfer Übersetzung so nützlich. Ich kann dazu den ERF Bibelserver empfehlen (ein Beispiel siehe unten, im Internet zu finden unter: bibelserver.com). Hier kann man unter 13 verschiedenen Bibelübersetzung auswählen und nebeneinander die Texte sehr schön vergleichen.