Denn Gottes Gnade ist sichtbar geworden, mit der er alle Menschen retten will. Sie bringt uns dazu, dass wir uns von aller Gottlosigkeit und allen selbstsüchtigen Wünschen trennen, stattdessen besonnen und rechtschaffen hier in dieser Welt leben, so wie es Gott gefällt.
Titus 2,11
Es gibt viele Menschen – auch und gerade unter Christen – die ein starkes Bedürfnis nach Klarheit und Kontrolle haben. Sie sehnen sich nach Struktur und Sicherheit, die ihnen – wie sie meinen – nur ein auf Gesetzlichkeit gegründetes Leben geben kann. In allen Dingen streben sie klare Regeln und einen klaren Maßstab für „richtig” und „falsch” an. Möglicherweise ist es auch das in unserer Gesellschaft stark verankerte Leistungsdenken, das sie dazu bringt. Viele Menschen wachsen mit der Vorstellung auf, dass man sich Anerkennung und Liebe verdienen muss – selbst die göttliche. Dies steht jedoch dem biblischen Konzept der Gnade diametral entgegen: Gnade ist unverdient. Doch genau das fällt schwer zu akzeptieren. Charles Haddon Spurgeon (1834–1892) wies darauf hin, dass die Furcht vor Gleichgültigkeit und Leichtfertigkeit unbegründet ist, wenn man sich auf die Gnade Gottes verlässt. „Wo immer die Gnade Gottes wirksam wird, lässt sie den, der ein unmoralisches Leben führt, die Begierden des Fleisches verleugnen; sie veranlasst den Mann, den es nach Gold gelüstet, seine Gier zu besiegen; sie nimmt dem stolzen Mann seinen Ehrgeiz; sie bringt dem Müßiggänger Fleiß bei und sie ernüchtert den übermütigen Geist, der sich nur um die Nichtigkeiten des Lebens kümmerte. Wir verlassen diese Begierden nicht nur, wir lehnen sie auch ab.“
Wenn wir uns ganz auf die Gnade verlassen, dann kann sie unser Herz verwandeln. Sie birgt in sich die Kraft zur echten Veränderung. Mögliche Wege dazu sind:
- Gnade schenkt uns Erkenntnis ohne Druck: Sie öffnet uns die Augen für Gottes Liebe. Wer erkennt, wie tief er geliebt ist, beginnt, anders zu leben – nicht aus Zwang, sondern aus Dankbarkeit.
- Gnade gibt uns Sicherheit: Gesetzlichkeit basiert oft auf Angst vor Strafe. Gnade schafft Vertrauen: Ich darf scheitern, ohne verstoßen zu werden. Diese Sicherheit macht frei, echt zu leben.
- Gnade motiviert uns: Gnade entfacht Leidenschaft – nicht für „Pflichterfüllung“, sondern für das Gute. Gute Werke werden zur Folge einer veränderten Gesinnung.
- Gnade bewirkt innere Veränderung: Sie verändert das Herz – nicht nur das Verhalten. Sie trifft unsere Wünsche, Gedanken und Sehnsüchte. Das ist nachhaltiger als jede Regel.