Andacht Heute

Wir haben die freie Entscheidung

Wenn du Gutes im Sinn hast, kannst du den Blick frei erheben. Wenn du jedoch Böses vorhast, dann lauert die Sünde schon vor deiner Tür und will dich haben. Du aber sollst sie beherrschen!
1. Mose 4,7

Kurz bevor Kain seinen Bruder Abel ermordet, spricht Gott zu ihm. Doch auch durch diese Worte ließ er sich nicht von seinem bösen Vorhaben abbringen. Dabei hatte Gott ihm so sehr nahegelegt, sich für das Gute zu entscheiden. Es war ein klarer Aufruf zur Selbstkontrolle und zu moralischer Verantwortung.

An dieser frühen Stelle in der Bibel zeigt sich, dass der Mensch einen freien Willen hat. Wir sind nicht gezwungen, der Sünde nachzugeben. Sie lässt sich beherrschen. Wir können uns bewusst für das Gute entscheiden. Der Mensch ist fähig, über seine Triebe und Versuchungen zu herrschen. Entscheiden wir uns für das Gute, brauchen wir kein schlechtes Gewissen zu haben und können „den Blick frei erheben”. Durch den Gehorsam gegenüber Gott erlangen wir die Herrschaft über die Sünde.

Gedanken über unser „Gerede“

Mit unserer Zunge loben wir Gott, unseren Herrn und Vater, und mit derselben Zunge verfluchen wir unsere Mitmenschen, die doch nach Gottes Ebenbild geschaffen sind. Segen und Fluch kommen aus ein und demselben Mund.
Jakobus 3,9-10

Ich frage mich manchmal, wie es sein kann, dass ich Andachten wie diese verfasse, in denen es mir um die Umsetzung des Willen Gottes geht, und ich es im Gespräch mit anderen Menschen oft nicht ganz lassen kann, mich in Smalltalk, in Oberflächlichkeiten und sogar in manchen Klatsch und Tratsch zu verlieren. Der Philosoph Martin Heidegger hat sich in seinem Hauptwerk „Sein und Zeit” kritisch mit dem alltäglichen Dasein des Menschen auseinandergesetzt. Der vorherrschende Form der Kommunikation, die er „Gerede” nennt, hat er ein eigenes Kapitel gewidmet. Durch dieses Gerede wird lediglich wiederholt, was „man so sagt”, indem in Floskeln gesprochen wird. Es wird nicht der Versuch unternommen, sich die Welt durch echtes Hören und Fragen zu erschließen.

Wir könnten uns fragen, ob wir in unserem Glaubensleben nicht auch oft Phrasen benutzen wie „Der Mensch denkt, Gott lenkt”. Wenn wir mit anderen über unseren Glauben sprechen, werden wir nicht umhin kommen, manche christliche Floskel zu verwenden. Wir dürfen jedoch nicht in der Routine des Geredes über Gott verharren, sondern sollten wenigstens versuchen, aus gelebter Erfahrung und echter Neugier zu sprechen. Gehen wir also tieferen Fragen nicht aus dem Weg. Lassen wir uns wirklich berühren von dem, was vor uns liegt. Gehen wir nicht in die Zerstreuung, sondern konzentrieren wir uns auf die Zwiesprache mit Gott im Gebet.

Der Leser, der mir bis hierhin gefolgt ist, mag auch in meinen Worten manche Phrase entdecken. Er möge es mir verzeihen und dabei an den obigen Vers denken: „Fluch und Segen kommen aus ein und demselben Mund.“

Mensch, werde wesentlich!

Unser Leben dauert siebzig, vielleicht sogar achtzig Jahre. Doch alles, worauf wir stolz sind, ist nur Mühe, viel Lärm um nichts! Wie schnell eilen die Jahre vorüber! Wie rasch schwinden wir dahin!
Psalm 90,10

Es gibt zahlreiche Stellen in der Bibel, die auf unsere Vergänglichkeit hinweisen. Auch in Psalm 90 ist dies das Hauptthema: Wie kurz ist unser Leben und wie schnell kann alles vorbei sein. Die Mahnung „Mensch, werde wesentlich!“ stammt vom schlesischen Mystiker, Dichter und Arzt Angelus Silesius (1624–1677). Er ruft uns zur Umkehr auf: weg von der vergänglichen, äußeren Welt, hin zum Wesentlichen, zum inneren, göttlichen Kern.

Wenn es doch nur nicht so schwer wäre, diese Umkehr in unserem von vielen Ablenkungen geprägten Alltag umzusetzen! Die Welt zieht uns heute in tausend Richtungen. Die Umkehr muss allerdings auch nicht gleich ein radikaler Bruch mit allem sein. Sie kann einfach darin bestehen, im Alltag mal innezuhalten. Einmal durchatmen, einen Blick aus dem Fenster werfen, ein stilles Gebet sprechen.

Wir können sehr schnell zu dem Trugschluss verleitet werden, dass wir uns nur noch mit den großen Dingen im Leben befassen sollen und das Kleine, Unbedeutende übergehen sollten, weil es keinen Wert hat. Das Wesentliche ist aber nicht immer das Große. Es ist das Echte, das mit Herz und Liebe Verbundene. Dabei steckt so vieles, das es sich zu betrachten und zu erzählen lohnt, auch in scheinbaren Nebensächlichkeiten. Bewahren wir uns den Sinn für die Schönheit des Augenblicks! Die kleinen Dinge und Begebenheiten erzählen oft große Geschichten, wenn wir bereit sind, ihnen zuzuhören.

Gebet: HERR, zeige mir deine Herrlichkeit auch im Kleinen, im Vergänglichen, im Jetzt.