Ein Gott auf Sparflamme
Der Geist weht, wo er will.
Johannes 3,8
In theologischen Diskussionen ergeben sich oft unterschiedliche Ansichten über die Souveränität Gottes. Das eine Lager stellt sich einen Gott vor, der sich an die Naturgesetze hält. Das andere betont Gottes Allmacht, die sich in Wundern, Heilungen und konkreten Gebetserhörungen zeigt. Im einen Fall handelt Gott – wenn überhaupt – verborgen und leise, im anderen kann er jederzeit eingreifen.
Es würde zu weit führen, den Einfluss des Deismus in der Aufklärung für die erste Position hier zu erläutern. Die damalige Auffassung, die in Gott einen Uhrmacher sah, der alles in Gang gesetzt hat, dann aber alles laufen hat lassen, gilt inzwischen längst als überholt. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass sich darin immer noch ein moderner Alltagsglaube ausdrückt, der zwar noch von „irgendetwas Höherem” spricht und davon, dass „Gott die Welt gemacht hat”, jedoch nicht daran glaubt, dass er eingreift. Das klingt vernünftig, kollidiert nicht mit der Naturwissenschaft und ist mit der heutigen Denkweise kompatibel. Doch leider reduziert dies Gott zu einem Wesen auf Distanz, zu einem einstigen Feuer, das nur noch im Hintergrund glimmt. Theologen, die diese Sichtweise vertreten, übersehen, dass Gott jederzeit konkrete Macht entfalten kann. Wir müssen seine Nähe und sein Eingreifen ernst nehmen.
Ach, Herr HERR! Siehe, du hast Himmel und Erde gemacht durch deine große Kraft und durch deinen ausgestreckten Arm; dir ist nichts unmöglich.
Jeremia 32,17