Andacht Heute

Nur eine Kindergeschichte?

Daniel hatte an seinem Obergemach offene Fenster nach Jerusalem, und er fiel dreimal am Tag auf seine Knie, betete, lobte und dankte seinem Gott.
Daniel 6,11

In keiner Kinderbibel fehlt die Geschichte von Daniel in der Löwengrube. Sie zeigt die beeindruckende Macht des einzigen Gottes und die Unerschütterlichkeit des Glaubens eines Menschen. Sie ist auch ohne Kommentar gut verständlich. Daniel hat gegen das Gesetz von König Darius verstoßen, das die Anbetung von Göttern außer ihm verbieten sollte. Er wird daraufhin in die Löwengrube geworfen. Am anderen Morgen ist Daniel unversehrt. Der König ist beeindruckt und lässt dessen Feinde töten und das erste biblische Gebot gesetzlich verankern: „Er ist der lebendige Gott, der ewig bleibt, und sein Reich ist unvergänglich und seine Herrschaft hat kein Ende.“

Die Geschichte Daniels wiederholt sich auch in anderer Form aktuell. Viele Christen nehmen für ihren Glauben Diskriminierung, Verfolgung und sogar den Tod auf sich.
Laut Wikipedia gilt das Christentum weltweit als die am stärksten unterdrückte Religionsgemeinschaft. „Das christliche Hilfswerk Open Doors gibt an, dass weltweit mehr als 360 Millionen Christen in etwa 60 Ländern wegen ihres Glaubens von Misshandlungen, Folter, Vergewaltigung, Gefängnis oder Tod bedroht seien, beziehungsweise wegen ihres Glaubens benachteiligt und diskriminiert würden.“

Wir hören aus den Medien viel über Diskriminierung von Frauen, Rassismus und Benachteiligung sexueller Minderheiten. Ist es aber nicht auch auffallend, dass die Verfolgung von Christen keineswegs so stark im Fokus steht? Dazu wieder Wikipedia: „Als das Unheimlichste am Phänomen bezeichnet Die Weltwoche die globale Stille darüber… David B. Barrett vom Center for the Study of Global Christianity schätzt, dass es pro Jahr 100.000 christliche Märtyrer gibt.“

Wir können uns die Frage stellen, wie wir uns in ihrer Situation verhalten würden. Wir, die wir in einem Land mit Religionsfreiheit schon Bedenken haben, wenn wir sagen sollen, dass wir gläubige Christen sind. Beten wir für alle, die in der ganzen Welt für ihre Glaubenstreue verfolgt werden!

Pharisäer und andere Sünder

Und als die Schriftgelehrten der Pharisäer ihn mit den Sündern und Zöllnern essen sahen, sagten sie zu seinen Jüngern: Mit den Zöllnern und Sündern isst er?
Und Jesus hörte es und spricht zu ihnen: Nicht die Starken brauchen einen Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.

Markus 2,16-17

Das Pharisäertum hatte sich schon vor der Zeit von Jesus zu einer Bewegung entwickelt, der es vor allem um Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und Gesetzestreue ging. Rabbiner beschäftigten sich damit, möglichst alle Fälle des Alltags zu durchleuchten und in ein enges Regelwerk zu verankern. So entwickelte sich eine fromme Elite, die sich als „Gerechte“ fühlten und sich vom gemeinen Volk, den „Sündern“ abhob. Sie waren es, die Jesus mit ihren Spitzfindigkeiten in die Enge treiben wollten. Mit dem Ergebnis, dass ihre Selbstgerechtigkeit jedes Mal schonungslos aufgedeckt wurde. Sie wirkten nur nach außen hin gesund und stark. Bei dem, was sich vor ihren Augen vollzog, versagten sie völlig und zogen sich in ihre Gelehrsamkeit zurück, die im Grunde nur ihr Defizit verbergen sollte: Der Sohn Gottes stand vor ihnen, und sie konnten mit diesem außerordentlichen Ereignis nichts anfangen. Den Gegensatz zu ihnen bildete das einfache Volk, das diesen natürlichen Zugang zur Wahrheit noch hatte. Diesem wandte sich Jesus zu. Hier fand ER Sünder, die sich bekehrten und Buße taten und IHM nachfolgten.

Das Beispiel der Pharisäer sollte allen, die sich mit theologischen Problemen beschäftigen, eine Warnung sein. Allzu leicht kann man sich in seiner Erkenntnisfreude in eine Art von Besserwisserei vergaloppieren. Unser von Gott geschenkter Verstand bedarf dringend der Mäßigung durch die Demut. Wir sind und bleiben Sünder vor Gott, auch wenn uns der eine oder andere Erkenntnisgewinn gelingt. Für mich, der ich auf diesem Wege täglich meine Anmerkungen zu Texten der Bibel veröffentliche, damit ich selbst und vielleicht der eine oder andere Leser sie besser verstehen kann, gilt das in gleichem Maße wie für alle, die sich in diesem Sinne bemühen. Ich will dankbar dafür sein, wenn mich der HERR ermahnt, wenn ich Gefahr laufe, selbstgerecht und pharisäerhaft zu werden.

Versuchungen

Bald darauf wurde Jesus vom Geist gedrängt, in die Wüste hinauszugehen.
Vierzig Tage blieb er dort, und in dieser Zeit versuchte der Satan, ihn ‹zur Sünde› zu verführen. Jesus lebte bei den wilden Tieren, und Engel dienten ihm.

Markus 1,12-13

In jeder Übersetzung, die ich gefunden habe, wird hier das griech. pneuma mit „Geist“ übersetzt und nicht, wie es auch möglich wäre mit „Heiliger Geist“. Jesus ist voll von ihm und man muss sich hier keine Anweisung vorstellen, den eine dritte göttliche Person IHM erteilt. ER weiß natürlich selbst genau, was sein Auftrag auf Erden ist. Zunächst muss er in die Wüste hinaus und den Versuchungen des Satans widerstehen. Er ist hier ganz mit seiner menschlichen Natur ausgeliefert. In diesem Fall ist es ein Körper, der 40 Tage gefastet hat, wie es bei Matthäus 4,1-11 näher ausgeführt wird. Es ist aber sein gehorsames Fügen in die geistige Bestimmung, das IHN trotz körperlicher Schwäche, davor bewahrt, den fleischlichen Weg zu gehen, den ihm der Versucher anbietet.

Ein anderes Beispiel einer Versuchung steht gleich am Anfang der Bibel. Adam lebte im Paradies in einer Überfülle von Nahrung und wurde nicht von wilden Tieren bedroht. Dennoch erlag er der Verführung durch die Schlange. Es besteht allerdings kein Grund für uns, auf Adam herabzublicken. Sind wir nicht auch ständig Versuchungen ausgesetzt, denen wir ohne Not nachgeben, statt dem von Gott gegebenen Auftrag nachzukommen? Das geht morgens schon los, wenn wir die Morgenzeitung aufschlagen oder den PC öffnen, um begierig an die neuesten Meldungen heranzukommen, statt lieber die Bibel zur Hand zu nehmen. Keine Angst: Jetzt folgt von mir keine Anweisung, alles Weltliche zu meiden, um möglichst heilig zu werden. Ich gebe es zu: Ich habe mir gestern Abend das Spiel Inter Mailand gegen Bayern München angesehen. Gott verlangt sicher nicht von uns, auf alles zu verzichten, was uns Freude macht. Wenn wir das glauben und nach außen hin vertreten, wollen wir uns mit Werketum hervortun. Es geht aber darum, dass wir uns bewusst sind, wem wir hier auf Erden alles zu verdanken haben. Gott muss immer an erster Stelle stehen in unserem Leben, dann unser Partner, unsere Familie – und erst viel später der FC Bayern. Auch als Erwachsene benehmen wir uns oft wie Kinder, die vom nächsten Eisstand angezogen werden. Nur im Einvernehmen mit den Eltern ist ihnen so mancher Genuss erlaubt und vergönnt. Wir sind Kinder Gottes und dürfen IHN um Erkenntnis bitten, was uns guttut und was nicht.